Es ist
offensichtlich ein großer Irrtum den „Doppelpass“ als Aspekt des
Staatsbürgerschaftsrechtes zu sehen. Es geht hier um ein Gefühl.
Selten
habe ich in den Boulevardmedien ein so eindeutiges Meinungsbild in den
Kommentaren und Leserzuschriften gesehen, wie nach dem Verfassungsreferendum in der Türkei.
Da
entlädt sich eine gewaltige Wut auf „die“ Türken.
Es
scheint einhellige Meinung zu sein, daß Migranten hier nicht benachteiligt oder
diskriminiert sind, sondern daß sie vielmehr Sonder- und Extrarechte genießen,
die den Deutschen verwehrt sind.
Das kann
der Neid-Michl schon mal grundsätzlich nicht leiden.
Daher
sei es hohe Zeit den Türken das Privileg der Doppelstaatsbürgerschaft
wegzunehmen.
Ein ähnliches
Phänomen gibt es beim eigenen Gehalt. Deutsche sind weniger an der absoluten
Höhe interessiert, als daran, daß es mehr als das vom Nachbarn sein soll.
In Wahrheit
hängt Deutschland rechtlich hinter allen zivilisierten Nationen zurück. Es
herrscht immer noch das Ius Sanguinis („Recht des Blutes“, Abstammungsprinzip)
und nicht das Ius Soli („Geburtsortsprinzip“) wie in den USA.
Im Jahr
2000 wurde immerhin eine Übergangsregelung geschaffen. Die nach 2000 in
Deutschlands geborenen Kinder sollten Deutsche sein – auch, wenn ihre Eltern
eine andere Staatsbürgerschaft haben und dadurch zwei Pässe möglich werden. Es
ist aber kein klares Ius Soli wie in Amerika, sondern nach wie vor ist der
deutsche Geburtsort nicht ausreichend, um Deutscher zu sein. Die Eltern müssen
seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung
besitzen. Nur dann gibt es einen deutschen Pass.
Das gilt
aber nicht für immer, sondern ist eine Gnade des deutschen Gesetzgebers. Mit 21
Jahren muß man sich für eine von beiden Staatsbürgerschaften entscheiden („Optionspflicht“);
nach dem GroKo-Vertrag von 2013.
[….]
Mit dem Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland ist grundsätzlich die
Verpflichtung verbunden, sich mit Vollendung des 21. Lebensjahres zwischen der
deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern zu entscheiden
(sog. Optionspflicht). Während bisher grundsätzlich alle Ius-soli-Deutschen
optionspflichtig waren, sind mit der Neuregelung durch das Zweite Gesetz zur
Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (BGBl. I S. 1714) in Zukunft alle
Ius-soli-Deutschen von der Optionspflicht befreit, die in Deutschland
aufgewachsen sind oder als ausländische Staatsangehörigkeit nur die eines
EU-Staates oder der Schweiz besitzen. [….]
Es gibt
also legale Doppelstaatsbürgerschaften in Deutschland, aber anders als der
amerikanische Staat, der so selbstbewusst ist, daß es ihm schlicht egal ist, welche
anderen Pässe ein Amerikaner neben dem US-Pass besitzen, schwingt im
Merkel-Deutschland immer noch Hitlers Blutrecht mit.
Zwei
Pässe sind möglich, wenn man unter 21 ist, oder wenn die zweite Nationalität
wenigstens arisch genug erscheint, um das kostbare deutsche Blut nicht zu sehr
zu verunreinigen.
Ein zusätzlicher
holländischer oder französischer Pass wird akzeptiert.
Ein
Türkischer jedoch keinesfalls. Das Türkenblut gilt dem deutschen Gesetzgeber
offenbar als ethnisch besonders schmutzig.
Ich darf
das so schreiben, weil rechtlich gesehen mein Blut, welches zur Hälfte
amerikanisch ist, ebenso minderwertig ist.
Das habe
ich gemeinsam mit Untermenschen-Nationen wie Norwegen, Liechtenstein, Kanada,
Australien, Island und demnächst auch England.
Die
Bürger dieser Länder – und natürlich aller afrikanischen, südamerikanischen und
asiatischen Nationen - sind es nicht
wert neben einem deutschen Pass zu existieren.
Vielleicht
kann Frau Merkel, deren CDU auf dem letzten Parteitag die Abschaffung der
Doppelstaatsbürgerschaft auch für diese exklusive Ländergruppe forderte, mir
mal bei Gelegenheit erklären, wieso ein Deutscher nebenher eine schwedische
Staatsbürgerschaft haben darf, aber vor einer Norwegischen eine Grenze gezogen
wird.
Wieso
darf ein russisch sprechender Deutscher gleichzeitig auch Lette oder Este sein,
aber nicht Amerikaner?
Die
Bedeutung des Ius-Sanguinis-Prinzips zeigt, worum es eigentlich geht: Rassismus.
Man
sorgt sich nicht um Deutsche mit zwei Pässen, wenn sie blond und blauäugig
sind. Aber dunkle Hautfarbe, womöglich krauses schwarzes Haar oder
orientalische Mandelaugen sollen nicht eingekreuzt werden.
So ist
auch das Vorpreschen der Bundesbildungsministerin mit ihrer Migrantenquote in
deutschen Schulen zu verstehen:
Die
nichtarischen „Schwarzköpfe“ sollen minimiert werden.
[….]
Bildungsministerin Johanna Wanka hat sich
zum Thema Integration in der Schule geäußert. Die Christdemokratin sprach sich
dafür aus, den Migrantenanteil in den Klassen zu begrenzen. Ziel des Vorstoßes
sei eine erfolgreiche Integration. "Ich bin gegen eine starre Quote, denn
die regionalen Unterschiede sind groß", sagte Wanka dem "Focus".
"Klar ist aber, dass der Anteil von Kindern mit und ohne
Migrationshintergrund möglichst ausgewogen sein muss." [….]
Es geht
Wanka nicht um Nationalitäten.
Eine Klasse
mit Haufenweise Halb-Belgiern und Halb-Dänen würde sie durchaus ertragen.
Daß es
dunkelhäutige, dunkelhaarige Menschen in Deutschland, ja sogar AMERIKANER gibt,
die besser Deutsch als viele Biodeutsche sprechen, ist in der gesetzgeberischen
Gedankenwelt nicht vorgesehen.
(Man sehe sich nur die Kämpfe der AfD-Fans und
PEGIDIOTEN auf Facebook mit der deutschen Rechtschreibung und Grammatik an!)
Das
erinnert mich an eine Bahnfahrt nach Berlin vor ca 25 Jahren.
Schon
damals brannten Asylbewerberheime in Ostdeutschland, man wählte DVU.
Ein Mann
um die 40 saß neben mir und verkündete ungefragt wie wichtig es für Deutschland
wäre all die Ausländer rauszuwerfen.
Ich war
gerade in so einer Stimmung und ließ ihn reden, warf nur hin und wieder
Stichworte ein, um ihn in bestimmte Gedankenrichtungen zu lenken.
Offensichtlich
hoffte ich, er würde dadurch am Ende merken wie widersprüchlich er argumentiert
und wie unmöglich seine Vision von einem absolut isolierten Deutschland ohne
Auslandskontakte war.
Das ging
mindestens eine Stunde so; ich staune über meine damalige Philanthropie. Aber
argumentativ bewirkte ich natürlich nichts; im Gegenteil, der Typ hielt seine
eigenen rassistischen Vorstellungen für so überzeugend, daß er annahm, ich
würde nun auch DVU wählen.
Es half
alles nichts. Mit so einem kann man nicht reden, schlussfolgerte ich und ließ
am Ende die Bombe platzen: „Ich bin übrigens auch kein Deutscher!“
Einen
kleinen Moment staunte er; ich erwischte ihn kalt.
„Kanake
biste aber nicht, oder?“
Meine Antwort
„US-Amerikaner“ ließ ihn dann überlegen und zufrieden grinsen:
„Dann mach‘ dir keene Sorgen, euch brauchen wir noch. Dich bringen wir erst ganz zum Schluss um!“
„Dann mach‘ dir keene Sorgen, euch brauchen wir noch. Dich bringen wir erst ganz zum Schluss um!“
Wie
beruhigend.
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