Ob des
beklagenswerten „einer links, einer rechts – die Wahrheit liegt in der Mitte“-Systems
der politischen Fernsehsender habe ich inzwischen sehr viel mehr rechte und
konservative „Influencer“ kennengelernt, als mir lieb ist.
Insbesondere
in den USA sind diese Medien-Konservativen intellektuell so unredlich, daß man
der Wahrheit am nächsten kommt, wenn man das diametrale Gegenteil des von ihnen
behaupteten annimmt.
Zu den
ganz wenigen Republikanern, denen ich ein gewisses Vertrauen entgegenbringe
gehören die Politanalysten Ana
Navarro, 45, und Tara
Setmayer, 41.
Vermutlich
ist es kein Zufall, daß beide nicht zu den üblichen dürren blonden Blöd-Blinzen (Kayleigh
McEnany, Tomi Lahren, Kellyanne Conway, Ann Coulter, Scottie Nell Hughes..) gehören,
die üblicherweise Trump im TV lobpreisen.
Navarro
wurde in Nicaragua geboren, kam erst im Alter von neun Jahren nach Florida.
Setmayer ist Afroamerikanerin. Wieso sich kluge, gebildete und sympathische
Amerikanerinnen den Republikanern verschreiben, intensiv für die GOP Wahlkampf
treiben und die Demokraten ablehnen, entzieht sich meinem Verständnis.
Immerhin,
da Navarro und Setmayer im Gegensatz zu den meisten ihrer republikanischen
Parteifreunde bei der Wahrheit bleiben und über menschlichen Anstand verfügen,
lehnten sie Trump im Wahlkampf 2016 strikt ab.
Zum
Entsetzen der Trumpianer fuhren sie den garstigen Blondinen öffentlich wirksam
in die Parade, stellten sich klar gegen die Parteilinie.
Navarro
schwor von Anfang an Trump nicht zu wählen; über Monate erklärte sie den Namen
ihrer Mutter auf den Wahlzettel zu schreiben. Zwei Tage vor der Wahl verkündete
sie sogar das aus ihrer Sicht lange Unvorstellbare; sie werde angesichts der
Gefahr, daß Trump tatsächlich siegen könne, Hillary Clinton wählen.
Genutzt
hat es bekanntlich nichts; trotz der drei Millionen Wählerstimmen Vorsprung
verlor Clinton die Wahl.
Trumps
Performance als Präsident entwickelt sich sogar noch katastrophaler als alles,
was Navarro und Setmayer prognostizierten.
Sie
bleiben allerdings allein auf weiter Flur. Die anderen Republikaner, die im
Wahlkampf ebenfalls hart gegen Trump argumentierten – Rubio, Cruz, Ryan – knickten
nach der gewonnen Wahl ein. Die GOP-Senatoren nickten devot die geradezu
groteske Kabinettsliste ab. Keiner scherte mehr aus.
Ryan
exekutierte Trumps absurde Anti-Obamacare-Vorstellungen, scheiterte dabei und machte
sich beim öffentlichen Eingeständnis seines Versagens zusätzlich lächerlich,
indem er wie ein schwärmender Teenager mit Erektion den Präsidenten über den
grünen Klee lobte.
Reince
Priebus, der im Wahlkampf als Vorsitzender der republikanischen Partei eins der
Hauptziele des Trumpschen Parteien- und Politikerspotts war, rieb sich flugs am
ganzen Körper mit Vaseline ein, nahm Kurs auf Trumps Rektum und wurde sein
Stabschef im Weißen Haus.
Mit Ryan
und Priebus stehen die beiden wichtigsten ehemals Trump-kritischen nun devot an
seiner Seite.
Macht
korrumpiert, aber Macht bügelt nicht alle Unterschiede aus.
Die
alteingesessenen Washingtoner Republikaner sitzen nun in einem Boot mit
rechtsradikalen die Realität negierenden Verschwörungstheoretikern wie Bannon
und Conway, die ihrerseits mit dem grotesken Einfluss des Ehepaars
Kushner-Trump konkurrieren. Wer hat eigentlich das Sagen, wenn der eigentliche
Oberbefehlshaber so offensichtlich geistig und moralisch komplett überfordert
ist?
Wer bestimmt, wenn der Pussygrabscher in Chief auf dem Golfplatz umherstolpert, oder noch schlimmer, allein Breitbart und Fox guckt, den Unsinn mit der Realität verwechselt und Sinnlosigkeiten per Twitter in die Welt eruktiert?
Wer bestimmt, wenn der Pussygrabscher in Chief auf dem Golfplatz umherstolpert, oder noch schlimmer, allein Breitbart und Fox guckt, den Unsinn mit der Realität verwechselt und Sinnlosigkeiten per Twitter in die Welt eruktiert?
Die
ersten Opfer sind schon zu beklagen; Manafort und Flynn werden wie viele andere
Mitglieder des Trump-Wahlkampfteams vom FBI verfolgt.
Ein
weiteres Opfer ist Pressesprecher Spicer, der bei seinen hilflosen Versuchen
den Chef zu verteidigen zu so einer Witzfigur geworden ist, daß er als
Dauerparodie in den Comedy-Shows einen festen Platz eroberte.
Vorgestern
erklärte Spicer bei seiner Regierungserklärung
Assad sei sogar schlimmer als Hitler, denn immerhin hätte Letzterer nie Giftgas
eingesetzt.
Navarro,
der ich vertraue, bescheinigte Spicer, den sie lange kenne, sicher kein Holocaustleugner
zu sein. Er sei nicht rechtsradikal. Möglich; dafür spricht auch eine beispiellose
Entschuldigungs-Kaskade des amerikanischen Regierungssprechers. Möglicherweise
tut es ihm wirklich leid; Trumpleute entschuldigen sich sonst nie.
[….]
Zuerst folgte der Versuch, sich zu
erklären: Assad hätte Giftgas gegen das eigene Volk eingesetzt und "über
Städten abgeworfen", während Hitler Gas in "Holocaust-Zentren",
gemeint waren Konzentrationslager, habe einsetzen lassen. Wenig später kam dann
die Entschuldigung von Spicer selbst: Im Interview mit CNN gestand er ein,
einen "Fehler" begangen zu haben. Er habe
"fälschlicherweise" einen "unangebrachten und unsensiblen"
Bezug zum Holocaust hergestellt.
[….]
Doch mit seinen wiederholtem Eingeständnis
bringt Spicer die vielfache Kritik an seinem Vergleich nicht zum Verebben.
Mehrfach wurde sein Rücktritt gefordert, etwa von der Chefin der Demokraten im
Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi. "Während jüdische Familien im ganzen
Land das Passah-Fest feiern", so Pelosi, "spielt der Sprecher des
Präsidenten die Schrecken des Holocaust herunter." Trump müsse seinen
Sprecher feuern.
Auch jüdische
Einrichtungen zeigten sich schockiert. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in
Jerusalem zeigte sich "tief besorgt" über die ungenaue und unsensible
Verwendung von Begriffen in Zusammenhang mit dem Holocaust". Spicers Worte
verdeutlichten seine "großen Wissenslücken in Bezug auf den Zweiten
Weltkrieg und den Holocaust". Der Direktor des Anne-Frank-Zentrums in den
USA, Steven Goldstein, warf Spicer anhand dieser "üblen Beleidigung"
fehlende Integrität vor.
[….]
Das
Problem ist nur, daß seine Reputation längst aufgebraucht ist. Der Mann hat
schon derartig viel und dreist öffentlich für Trump gelogen, daß man ihm nicht
mehr glaubt. Er ist wie der Hirte in der Äsop-Fabel, der immer „Wolf!“ schrie,
ohne daß es ein Wolf zu sehen war. Als er dann tatsächlich in Not geriet, half
ihm keiner mehr.
So weit
sind wir nach knapp drei Monaten republikanischer Präsidentschaft – die Regierung
hat sich so massiv lächerlich gemacht, daß niemand mehr dem Regierungssprecher
glaubt.
[….]
Trumps Sprecher ist mit seiner Rolle
heillos überfordert. Zumindest die Fernsequoten profitieren: Seine tägliche
Pressekonferenz ist die neue Lieblingssendung der Amerikaner. [….]
Seit Trump im Weißen
Haus regiert und sein Sprecher Spicer vor die Medien tritt, hat sich die
tägliche Pressekonferenz jedenfalls zur neuen Lieblingssendung in den
Vereinigten Staaten entwickelt. Hunderttausende sehen ihm zu, wie er sich um
Kopf und Kragen redet und zu stottern beginnt, sobald es kompliziert wird.
Unter Obama eine eher dröge Veranstaltung, sei Spicers Pressebriefing der
"latest shit" im Fernsehmarkt, so sagte es der Komiker Stephen
Colbert. Die Einschaltquoten gingen durch die Decke.
Spicers Auftritt vor
den Journalisten des Weißen Hauses an diesem Dienstag aber toppt noch einmal
alle vorangegangenen. [….][….]
Im Laufe des Gesprächs
nahm der überforderte Spicer einen Teil seiner Äußerungen zurück, doch besser
wurde es nicht. Er wisse natürlich, dass Hitler Menschen in
"Holocaust-Zentren" gebracht habe - womit er offenbar
Konzentrationslager meinte.
[….]
Spicer sei kein Antisemit, lautet der
Tenor. Der Sprecher des Präsidenten sei inkompetent und völlig unfähig.
Spicer
ist sicher keins dieser “dunklen Genies”, welches gern im Hintergrund die Fäden
zieht und dabei echte Macht ausübt.
Spicer
ist ein durch und durch dienender Mensch, der für ein Ein-Mann-Publikum
arbeitet.
Er will
Trump gefallen und vom Chef gelobt werden. Das ist alles, was ihn antreibt.
Spicer, 45, ist recht ungebildet. Mit Mühe und Not schaffte er das College,
besuchte nie eine Universität und diente fortan immer als Lautsprecher
verschiedener GOP-Gliederungen.
Für
seinen jetzigen Job ist er hoffnungslos überfordert. Man kann so einer
Witzfigur eigentlich gar nicht richtig böse sein, weil er einfach zu doof ist.
Anders
liegt der Fall bei den Eminenzen im Hintergrund; Bannon, 63, strenggläubiger Katholik,
Multimillionär und Kushner, 36, strenggläubiger Jude und Multimillionär.
Beide
drängt es nicht so sehr vor die Fernsehkameras, aber sie wollen die Richtung
vorgeben.
Bannon,
der als Verschwörungstheoretiker sowohl mit ultrarechten Kardinälen im Vatikan,
als auch mit white supremacits und Altright-Nazis verbandelt ist gewissermaßen
ein natürlicher Antagonist zum genauso raffgierigen und ehrgeizigen
Strippenzieher Kushner, der aber zufällig Jude ist und somit vermutlich nichts
von antisemitischen Ausfällen hält.
Donald
Trump, so vermute ich, würde eigentlich eher zu Bannons Ideologie neigen, aber
Kushner betrachtet er als sein Blut, weil dieser mit seinem daughter-wife Ivanka verheiratet ist.
Auch
hier zeigt sich eine republikanische Friktion. Nach heutigem Stand scheint
Kushner der Gewinner zu sein; ihm gelang es Bannon aus dem Nationalen
Sicherheitsrat zu verdrängen.
[….] Donald Trumps umstrittener Chefstratege
gerät in Washington offenbar immer stärker in Bedrängnis. Erst Anfang April
hatte er seinen Posten im Nationalen Sicherheitsrat verloren, jetzt geht der
US-Präsident öffentlich auf Distanz zu seinem Top-Berater. Er möge Bannon, aber
er sei "sehr spät" in seinen Wahlkampf eingestiegen, sagte Trump der
"New York Post". Damit wollte er anscheinend dem Eindruck
entgegentreten, dass er seinen Wahlsieg entscheidend Bannon zu verdanken habe.
Mit Blick auf
Konflikte mit anderen Mitarbeitern im Weißen Haus, fügte Trump hinzu:
"Steve ist ein guter Kerl, aber ich habe ihnen gesagt, sie sollen es in
Ordnung bringen, oder ich werde es machen." Damit bezog sich der Präsident
offenbar auf Bannons Auseinandersetzungen etwa mit Trumps Schwiegersohn und
Berater Jared Kushner, über welche die US-Medien zuletzt viel berichtet hatten.
US-Medien
kommentierten, mit diesen Aussagen drohe Bannon ein Abgang aus dem Weißen Haus.
Verbündete Bannons hätten überrascht und "verstört" auf den Bericht
reagiert, schrieb der politische Newsletter Axios unter Berufung auf Insider.
[….]
Seit Tagen mehren sich in den USA
Berichte, dass sich ein Machtkampf unter Trumps Top-Beratern im Weißen Haus
zuspitzt. Dabei gehe es um einen Richtungsstreit zwischen eher liberalen und
moderaten Kräften mit Trumps Schwiegersohn Kushner an der Spitze und
nationalistischen Kräften um den umstrittenen Bannon. [….]
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