Kohl gab auch keine Interviews mit den linkssozialistischen Hetzblättern.
Zudem
galten auch noch fast alle ARD-Anstalten, insbesondere aber RB, NDR und WDR als
unverbesserlicher „Rotfunk.“ Das war ein wesentlicher Grund für Kohls
entschiedenen Einsatz für Leo Kirch und das Privatfernsehen. Das
CDU-freundliche ZDF reichte dem schwarzen Riesen nicht. Und Kirch lieferte. Sein
SAT1 unterstützte Kohls CDU bedingungslos und dafür schuf Kohl maßgeschneiderte
Gesetze, die Kirch zum Milliardär werden ließen.
Eine
echte Symbiose entwickelte sich. Nach der Wahlpleite von 1998 bekam Kohl jährlich
von Kirch eine Apanage von 600.000 DM und als er in den Spendentrubel geriet,
schob Kirche gleich noch mal eine Million nach. Man mag sich gar nicht ausdenken,
was für ein Aufschrei durch das Land gegangen wäre, wenn Schröder so gehandelt
hätte. Aber Kohl hatte es ja ohnehin nie so mit Moral und Ehrlichkeit.
Vor 20
oder 30 Jahren wußte man noch welcher Sender und welche Zeitung für welche
Partei stand.
Rückblende.
Der Programmdirektor
von Sat 1, Heinz Klaus Mertes, trimmt den Privatsender zum Superwahljahr 1994
auf totalen Kohl-Kurs.
Auf den Kanzler läßt
Heinz Klaus Mertes, 50, nichts kommen. Helmut Kohl sei ein "großer
Mann", schwärmt der Programmchef Information des TV-Senders Sat 1. In
seiner Jugend hat Mertes den Unionspolitiker sogar als eine Art "Rudi
Dutschke der Konservativen" verehrt.
[…] Mertes,
selbst CSU-Mitglied, hofft, daß sein Idol in Bonn noch lange regiert. An ihm
soll es nicht liegen: Der vom konservativen Axel Springer Verlag sowie von
Kohl-Freund und Medienmogul Leo Kirch beherrschte Privatsender Sat 1 wird von
Mertes rechtzeitig zum Wahljahr auf Kohl-Kurs eingeschworen.
Der schwarze
Kanalarbeiter, einst Moderator des ARD-Magazins "Report" aus München
und bis Ende 1992 TV-Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, ist dabei, das
Informationsprogramm seines Senders umzubauen.
Liebling Kohl wird in
Sat 1 mehrmals im Wahljahr exklusiv zu erleben sein. "Zur Sache,
Kanzler" ist der Titel der Show, in der Helmut Kohl schon viermal
aufgetreten ist, zuletzt in einer Bauernstube in St. Gilgen am Wolfgangsee,
seinem Urlaubsort. […]
Von Jahresende an
strahlt Hofberichterstatter Mertes zudem jeden Sonntag um elf ein Magazin aus.
Der konservative Katholik glaubt: "Nach der Kirche wird in Deutschland
politisiert - im Wirtshaus und anderswo. Das gehört zum Biorhythmus der
Gesellschaft."
[…]
Im "Nahkampfmedium Fernsehen"
(Mertes) half dem TV-Mann stets sein CSU-Parteibuch. Er hat es seit 1968.
Damals veranlaßten ihn Münchner Apo-Krawalle, den Christsozialen beizutreten.
[…]
Eigentlich
schade, daß das Leben auf der linken Seite des politischen Spektrums nicht so
einfach ist. Da wird immer gemeckert.
Natürlich
schrieben STERN und SPIEGEL gegen Strauß und Kohl. Aber sie schrieben eben auch
kritisch gegen SPD-Regierungen; schon allein um ihre Unabhängigkeit zu
demonstrieren.
Ende der
90er Jahre wurde dann aber mit Jörges beim Stern und Steingart beim SPIEGEL
begann der neoliberale Umschwung. Am Anfang des Jahrtausends waren die
Hamburger Magazine die schärfsten Kritiker von RotGrün. Sie versuchten alles,
um Schröder und Fischer zu verdrängen; schrieben geradezu schwärmerisch von
Merkel, Stoiber und Westerwelle, die endlich den sozialen Mief ausmisten müßten
und die Bundesrepublik durch Thatcherismus in den ökonomischen Himmel führen
würden.
Auch die
SZ begann mit Marc Beise einen FDP-freundlichen Wirtschaftskurs; allerdings
ohne jemals für Schwarzgelb zu schwärmen.
Nach
2002 wurde das Schröder-Bashing so extrem, daß außer in FR, ZEIT und im
Politteil der SZ nur noch Generalverrisse hagelte.
Es war
die Hochzeit des journalistischen Gleichklangs. Der „Zeitgeist“ war neoliberal
und die Sozialdemokraten sollten aus allen Europäischen Regierungen vertrieben
werden.
Ab
2008/2009 begann eine gewisse Unsicherheit bei den seriösen Medien. Die radikale
Marktfreiheit, das Shareholder-Value-Denken hatte allerdings auch zu
offensichtlich versagt. Daß CDU und FDP so gar keine Antworten fanden, wurde
langsam auffällig.
Es
soll nur vage irgendwie so weiter gehen. Änderungsbedarf sieht man nicht.
Handlungsbedarf
bricht höchstens von außen über die CDU-Kanzlerin ein. Das strategische Denken
ist im Kanzleramt längst abgeschafft.
Das
beklagen interessanterweise in erster Linie konservative Medien.
Es
folgte der Herausgeber der stramm konservativen F.A.Z. Frank Schirrmacher.
Bürgerliche Werte:
„Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“
Im bürgerlichen Lager
werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben
lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der größten Gegner
zuzutreffen scheinen.
Das
zutiefst bürgerliche Manager-Magazin empört sich in der aktuellen Ausgabe über
die totale Denkfaulheit und intellektuelle Unterbesetzung des Merkel’schen
Kanzleramtes.
Wie die
Merkel-Regierung Politik simuliert
Strategische Fragen
werden geräuschlos verwaltet - bestenfalls. Der Euro? Eine Großbaustelle ohne
Bauplan. Die Energiewende? Ein Projekt mit desaströsem Vollzugsdefizit. Die
drohende Vergreisung der Gesellschaft? Die alles umwälzende Digitalisierung der
Wirtschaft? Themen für "Gipfel" genannte Konferenzen, mit denen die
Merkel-Regierung Politik zu simulieren pflegt - schöne Bilder, keine Folgen.
[….] Im
Kern plagen das Kanzleramt zwei Defizite: ein personelles und ein
strukturelles. Zum einen mangelt es an straffer Leitung; dem Amt fehlt Führung
an der Spitze, auch wichtige Abteilungen waren schon stärker besetzt.
Zum anderen ist die
Organisation der Regierung überholt: Nach wie vor dominiert das Ressortprinzip.
Gemäß Grundgesetz ist die Regierungsgewalt geteilt zwischen den Ministerien.
Das Kanzleramt soll kontrollieren und koordinieren. Doch in einer Zeit, in der
viele Probleme Ressortgrenzen sprengen, steigt zwangsläufig die Bedeutung der
Zentrale.
So erscheint das
Merkel-Amt als real existierendes Paradoxon: An der Spitze steht eine Kanzlerin
mit Richtlinienkompetenz, die aber, wenn irgend möglich, keine Richtlinien
vorgibt. Ihr assistiert ein Kanzleramtschef, der Konflikte ausräumen und
Entscheidungen beschleunigen soll, stattdessen aber Streit schürt und
Beschlüsse ausbremst.
[…]
Der eigentliche Hebel einer Kanzlerschaft
besteht in der Deutungshoheit. Wirkmächtig agieren kann der Regierungschef,
wenn er Strategien formuliert - indem er Volk und Welt eine Idee davon
vermittelt, wohin man gemeinsam will, und diese Idee dann konkretisiert.
Verfassungsrechtler nennen das Richtlinienkompetenz.
Im Zentrum der Macht
herrscht inhaltliche Leere
Ideen? Konzepte?
Strategien? All das ist Merkels Sache nicht. Im Zentrum der Macht herrscht eine
bedrückende inhaltliche Leere.
Das beklagen auch
Topentscheider des Regierungsapparats selbst, die die Stiftung Neue
Verantwortung kürzlich befragen ließ. Um in einem immer unsichereren Umfeld
managen zu können und den Ereignissen seltener hinterherzurennen - "vor
die Lage" zu kommen, wie Ministeriale das nennen -, wünschen sich die
meisten Befragten mehr strategisches Denken und mehr Koordination.
Der
bürgerlich-Intellektuelle CICERO beklagt währenddessen den Jubeljournalismus, der unkritische Merkelbelobigungen
abliefert.
Insgesamt
lief es medial aber 2013 noch sehr gut für die CDU. Fast alle Zeitungen und
Fernsehsender schrieben und berichteten extrem wohlwollend über Merkel, während
sie Steinbrück grundsätzlich lächerlich machten.
Schwer
für die CDU bei so einem Umfeld die Bundestagswahl NICHT zu gewinnen.
Aber es
reicht nicht sich darauf zu verlassen, wie die vielen verlorenen Landtags- und
Bürgermeisterwahlen beweisen.
Der Düsseldorfer
CDU-Bürgermeister Dirk Elbers verließ sich darauf, daß sein Hausblatt, die
ultra-CDU-treue Rheinische Post, ihm den Sieg herbei schreiben würde.
Rülpser
der Arroganz
[…]
[Dirk Elbers‘] Abwahl ist auch eine
Niederlage für die Rheinische Post. Bei der SPD hielt man deren
Berichterstattung über Elbers in etwa für so kritisch wie die der Pyongyang
Times in Nordkorea über den jeweiligen Kim. Vor dem ersten Wahlgang
veröffentlichte die Zeitung eine Umfrage, die nach gängigen Standards als
manipulativ gelten kann, in der ein dubioses Institut ein paar hundert Wähler
befragt haben will und den Amtsinhaber mit 57,3 Prozent vor SPD-Mann Geisel
sah, der auf 31,9 Prozent kam.
"Elbers klar
vorne", titelte die Zeitung, auch die hauseigenen TV- und Radiostationen
verbreiteten die Nachricht tagelang. Die RP hatte wie Elbers übersehen, dass
weite Teile des bürgerlichen Lagers und der Leser keine Lust mehr auf den
Oberbürgermeister hatten. Man schrieb an der Stimmung in der Stadt vorbei. Das
hat früher geklappt, jetzt konnte man in den sozialen Netzwerken lesen, wie
groß der Frust über Elbers wirklich war. [….]
Noch schlimmer
sieht es bei der FAZ aus. Erst kam Schirrmacher, dann die Übernahme der linken
FR und nun können sich gestandene CDU-Politiker noch nicht mal mehr die Artikel
bestellen, die sie haben möchten.
Schlimmer,
die FAZ-Fritzen lassen sich nicht mal mehr einschüchtern und schreiben
kritische Artikel über CDU‘ler, ohne sich zu schämen.
Skandal!
Dieser Artikel soll
nicht erscheinen: Das lässt uns Philipp Mißfelder gleich vorab durch seine
Anwälte ausrichten. Er hat auf viele Fragen nicht geantwortet, sich wochenlang
verleugnen lassen und schließlich zwei Anwaltskanzleien in Marsch gesetzt. Der
Mann ist nicht irgendwer. Sondern außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion.
CDU-Präsidiumsmitglied. Vorsitzender der Jungen Union. Er wollte verhindern,
dass über ihn, seine Russland-Verbindungen und seine Geschäftstätigkeit
geschrieben wird. Da muss man sich schon dafür interessieren, was ihn bewogen
hat, nach Sankt Petersburg zu einer russischen Rubel-Party zu fliegen.
Angeblich eine Privatreise. Während Russland einen unerklärten Krieg gegen die
Ukraine anzettelt.
Mißfelder will sich
nicht näher erklären. Oder er kann es nicht. Der außenpolitische Sprecher
spricht nicht, er schweigt. Wer ihn nach Russland fragt, seinen Reisen und
Vereinsmitgliedschaften, nach Gasprom oder nach seinen Geschäften, der bekommt
keine Antworten, sondern es mit Anwälten zu tun. Die wurden von Mißfelder und
der Jungen Union mit dem Einschüchtern beauftragt. Man fordert auf, „von
weiteren Rückfragen zu dieser Thematik Abstand zu nehmen“. Vorsorglich wird uns
auch für den Fall gedroht, dass wir es wagen, über die Drohung zu berichten.
Eine ziemlich russische Art, mit der Presse umzuspringen. [….]
Der außenpolitische
Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist aber nicht zu sprechen. Zu treffen
ist er auch nicht. Sein Büro teilt Anfang Mai mit: „Leider klappt es in
absehbarer Zeit nicht. Fragen Sie gerne ein andermal erneut an.“ Drei Wochen
später wird Mißfelder abermals um einen Termin gebeten. Eine Mitarbeiterin
antwortet: „Aktuell können wir Ihnen keine Terminvorschläge unterbreiten.“ [….] Mißfelder ist abgetaucht, so tief wie das Schwarze Meer. Für seine
Fraktion ist das unangenehm, besonders in diesen außenpolitisch turbulenten
Wochen. Ein Abgeordneter sagt: Mißfelder könne nichts mehr zum Osten sagen und
nichts mehr zum Westen – es blieben Skandinavien und Afrika. [….]
Bei
Kirch hätte es das nicht gegeben!