Europäische
Monarchien stellen für mich ein großes Faszinosum dar.
Sie sind
so ungeheuer anachronistisch und dennoch überlebensfähig.
Längst
haben sich Wirtschaftsprüfer der Angelegenheit angenommen und festgestellt, daß
sie für den Steuerzahler ein wahrer Glücksfall sind. Der Pomp, den sie
entfalten lockt Touristen an und katalysiert eine ganze Industrie aus
Yellowpress-Journalisten, Souvenirherstellen und anderen Profiroyalisten.
Sie
kosten aber, hochgerechnet auf die Arbeitsstunden der gesamten königlichen
Familie weit weniger als beispielsweise das deutsche Bundespräsidialamt.
Gauck
allein kostet schon 277.000 Euro (inklusive Zulagen) im Jahr.
Die
gleiche Summe kassieren aber außerdem Scheel, von Weizsäcker, Herzog, Köhler
und Wulff. Wir bezahlen sechs Staatsoberhäupter.
Walter
Scheel amtierte von 1974-1979 und kassiert schon 35 Jahre seinen Ehrensold.
Eine
Menge Geld für’s Nichtstun.
Noch
ungünstiger dürfte das Verhältnis an Ende seiner Tage bei Christian Wulff
ausfallen. Er arbeitete gerade mal anderthalb Jahre als Bundespräsident und
bezog seinen 277.000-Euro-Ehrensold schon im Alter von 52 Jahren. Das kann noch
lange so weitergehen.
Queen Elisabeth
II. (* 21. April 1926) hingegen arbeitet statt anderthalb Jahren nun schon annähernd achtzig Jahre als
Staatsoberhaupt des Vereinigten
Königreichs Großbritannien und Nordirland, Antigua und Barbuda, Australien,
Bahamas, Barbados, Belize, Grenada, Jamaika, Kanada, Neuseeland,
Papua-Neuguinea, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen,
Salomonen und Tuvalu. Als Königin amtiert sie immerhin schon seit 62 Jahren,
aber bekanntlich müssen Königskinder schon lange vor dem Erwachsenenalter
royale Verpflichtungen übernehmen.
Dadurch
vervielfacht Elisabeth ihre Arbeitskraft; alle ihre Familienmitglieder müssen
mitarbeiten und so eine Königsfamilie ist groß: Dazu zählen alle, die „His
Majesty“ bzw. „Her Majesty, HM“ oder aber den Titel „His Royal
Highness“ bzw. „Her
Royal Highness, HRH“ tragen. Allein der “engere Kreis” besteht aus 23 Personen.
Königin Elisabeth II.
Prinz Philip,
Charles,
Prince of Wales und Camilla, Duchess of Cornwall
Prinz
William und Catherine, Duchess of Cambridge
Prinz George of Cambridge
Prinz Harry of Wales
Prinz Andrew, Duke of York
Prinzessin Beatrice of York
Prinzessin Eugenie of York
Prinz Edward
und Sophie, Countess of Wessex
James
Mountbatten-Windsor, Viscount Severn
Lady
Louise Mountbatten-Windsor
Anne,
Princess Royal
Prinz Richard, Duke of Gloucester und
Birgitte, Duchess of Gloucester (Cousin der Königin und seine Ehefrau)
Prinz Edward, Duke of Kent und Katharine,
Duchess of Kent (Cousin der Königin und seine Ehefrau)
Prinz Michael of Kent und Marie Christine
von Reibnitz (Cousin der Königin und seine Ehefrau)
Prinzessin Alexandra, Lady Ogilvy (Cousine
der Königin)
Ich
glaube auch daran, daß es vielen Staatsbürgern leichter fällt sich bei
Problemen an die Königsfamilie zu wenden, weil sie sich ihnen persönlich
verbunden fühlen.
Die Wahl
von deutschen Staatsoberhäuptern wird hingegen intransparent ausgeklüngelt.
Urplötzlich ist dann ein Köhler oder Gauck Staatschef, obwohl er weiten Teilen
der Bevölkerung unbekannt ist.
Kaum
einer kennt dessen Parteizugehörigkeit und eine Qualifikation für das Amt muß
schon gar nicht vorlegen.
Jeder
Brite hingegen kennt die Queen, man weiß genau woher sie kommt, was sie tut und
wie man sie erreicht.
Könige
und Königinnen können gerade in Krisenzeiten eine enorme symbolische Bedeutung
erlangen und den Bürgern dadurch ungeheuer dienlich sein.
Beispiele
dafür sind der dänische König Christian X. (1912-1947), der erheblich zur Rettung der Mehrheit der dänischen Juden
während der Naziherrschaft beitrug, oder die widerständische Holländische
Königin Wilhelmina, die 1940 eine Exilregierung gegen die Deutschen bildete.
Ohne den
Spanischen König Juan Carlos hätte es wahrscheinlich 1975 keine Demokratie
gegeben; er garantierte das Ende der faschistischen Diktatur.
Eine
ähnlich überragende Bedeutung hatte der 42 Jahre regierende Belgische König Baudouin
(1951-1993), der als einziger die auseinanderstrebenden Landesteile
zusammenhielt, weil er bei Flamen und Wallonen gleichermaßen anerkannt war.
Die
rechtsextremen Separatistenparteien wurden erst nach seinem Tod stark.
Man
staunt über die europäischen Zustimmungswerte der eigentlich durchweg
demokratischen und republikanischen Bevölkerungen zu ihren Königshäusern.
Queen
Elisabeth II. wird von allen Generationen verehrt, selbst die
Hardcore-Republikaner feiern alle königlichen Hochzeiten, Geburtstage und
Jubiläen mit.
Meine Lieblings-Königin
Margarethe II. wird von über 90% der Dänen adoriert und kann sich daher Dinge
herausnehmen, die sich kein Politiker traut. Dabei kann es sich um sehr
bedeutende Impulse, wie ihren vehementen Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit in
Dänemark handeln, oder auch einfach persönliche Spleens, wie ihre Kettenrauchen
betreffen.
In der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebten die sieben Monarchien dieses
Kontinents ihre Glanzzeit, weil sie alle zufällig von sehr geeigneten Personen
dominiert waren.
Das
Problem an Monarchien ist neben ihrer demokratischen Unmöglichkeit aber, daß
sich die große Stärke, nämlich die familiäre Kontinuität auch in eine fatale
Schwäche wandeln kann.
Trotz
der üblicherweise sehr langen Vorbereitungs- und Ausbildungszeit entscheidet
fast nur der Zufall der Geburt über den Königstitel.
Das kann
gewaltig schief gehen, wenn zufällig ein Depp dran ist.
So hatte
der feinsinnige und intellektuelle Baudouin keine Kinder und daher folgte sein
plumper Hallodri-Bruder Albert auf den Thron.
Sofort sank das Ansehen des Königshauses. Seit 2013 regiert der farblose Philippe und
scheint die Kurve ebenfalls nicht zu bekommen.
Die
englische Queen ist glücklicherweise zäh, so daß sie die grenzdebile Diana
einfach aussitzen konnte und der wesentlich klügeren Zweitfrau ihres Sohnes Akklimatisierungszeit
verschafft.
Man kann
das Blatt durchaus wenden. Als 1980 Königin Beatrix ihr Amt antrat, gab es
gewaltige Demonstrationen gegen sie. Als sie 2013 abdankte war sie trotz ihrer
spröden und unnahbaren Art im ganzen Land hochgeachtet.
Dafür
spricht auch, daß die als konservativ geltende „Trixi“ zur Ikone der Schwulenbewegung
wurde. Zur Thronbesteigung ihres Sohnes, „Prins Pilsje“, jubelte das Land einhellig.
1980 schien Jahrhunderte entfernt zu sein.
Juan
Carlos von Spanien und Carl Gustav von Schweden sind beide (vermutlich) ganz
nett und haben sich sehr geeignete Ehefrauen gesucht.
Königin
Sophia und Königin Silvia sind in ihren Ländern mit Abstand die beliebtesten
Mitglieder des Königshauses. Das hilft.
Juan
Carlos und Carl Gustav selbst sind allerdings ziemlich auf den Kopf gefallen hätten
längst mal ausgetauscht werden müssen.
König zu
sein ist eben auch ein Scheißjob – das was sich andere erlauben dürfen, private
Affären und Liebschaften, dürfen sie noch lange nicht.
Johlend
mit zwielichtigen schwedischen Freunden durch die Puffs ziehen oder mit
halbseidenen eingeheirateten Prinzessinnen auf Elefantenjagten zu gehen,
während das Land unter der schwersten Wirtschaftskrise ächzt, kann die ganze Monarchie
zum Einstürzen bringen.
Juan
Carlos hat offensichtlich seit ein paar Jahren komplett die Verbindung zu
seinem Volk verloren.
Er hätte
wie schon einmal 1975 in einer schweren Krise ein leuchtendes Vorbild sein
können und den Spaniern Mut machen sollen.
Begriffen
hat er allerdings gar nichts mehr und so ist die noch vor fünf Jahren völlig
unumstrittene spanische Monarchie auf einmal fragil geworden.
Die
Hälfte der Jugendlichen wollen sie gleich ganz abschaffen.
In zwei
Wochen übernimmt sein Sohn Felipe. Er verfügte bisher über ein 146 000 Euro-Jahresbudget
(dafür würde Gauck gar nicht erst aufstehen). Mit 46 Jahren ist er nicht mehr
unbedingt ein Repräsentant der Jugend. Seine Frau ist mit Abmagern beschäftigt
und wirkt auf die Spanier unterkühlt wie ein Eiszapfen. Seine Schwester ist in
einen Korruptionsskandal verwickelt und ihr Ehemann sitzt sogar im Knast.
Armer Felipe.
Als
König Felipe VI. muß er eine Menge ändern. Oder er wird der letzte Spanische
König sein.
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