Es gibt
Menschen, die mich wegen meiner Printabos auslachen.
Das sei
ja mal richtig veraltet. Heute liefe doch alles über Bits und Bytes.
Dieser
Typ des sich selbsterhöhenden Zukunftsmenschen hat auch nur Verachtung für die
sogenannten „Altparteien“ übrig.
Die
wären allesamt nicht mehr wählbar, verkörperten das Gestern und wären ohnehin
Lobby-gesteuert.
Man
müsse auf das gesunde Volksempfinden setzen und Deutschland plebiszitär
regieren. Es sollten sich immer die Bürger mit Abstimmungen beteiligen und dann
würden nur noch weise, nicht von Großkonzernen gesteuerte Entscheidungen
getroffen. Zauberwort „Liquid democracy!“
Für
Typen, die so denken gibt es natürlich nur die Piratenpartei – jene Ansammlung
von Internet-Nerds, die sich längst aus den alten Rechts-links-Schablonen
gelöst hätte und durch komplette Vernetzung eine Schwarmintelligenz erzeuge,
die der Kompetenz der alten repräsentativen Demokratie weit überlegen sei.
Brave
new world.
Wenn die Piraten regieren, würde das erste Mal echte Demokratie herrschen, weil
alle Regierten simultan an den Entscheidungen beteiligt würden.
Na, das
hat sich vielleicht als Schwachsinn herausgestellt!
Internet macht Kluge klüger und Dumme dümmer.
Internet macht Kluge klüger und Dumme dümmer.
Die
Möglichkeiten sind tatsächlich gigantisch.
Blöderweise
gibt es im Volk nur wenig Kluge. Und die Dummen können sich daher
überproportional vermehren, indem sie wie besessen süße Katzen-Videos, Selfis
und wackelige Home-Pornos verbreiten.
Für alle
erdenklichen Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremen, Katholo-Tradis, Revanchisten-Spinner,
Ufologen, Montagsdemonstranten und Gendermainstream-Warner ist das Internet ein
Segen.
Da ich die Putinisten schon entsprechend lobend erwähnte,
nenne ich heute den godfather of the Montagsdemos Jürgen Elsässer, der in
seiner COMPACT-Zeitschrift (bewußt ohne Link!) und mit diesen
Compact-Konferenzen illustre Arschgeigen wie Eva Herman, Gabriele Kuby und
Thilo Sarrazin mit Spinnern aller Art zusammenbringt.
Der
kleine Hardcore Katholik Rudolf Gehrig, hier schon zweifach als Christ des Tages geehrt,
schreibt neben seiner Haupttätigkeit beim extremistischen Christensender EWTN
auch für Compact und Kathnet
Ich
dachte ursprünglich, das sei eine mikroskopisch kleine Szene und war daher
ZIEMLICH verblüfft, daß jetzt überall im Hamburger Zeitschriftenhandel diese
Compacts mit dem Titel "Ami Go Home" ausliegen. Und zwar nicht
irgendwo verschämt dazwischen wie früher "der Landser", sondern ganz
prominent, teilweise auf eigenen Ständern.
So, daß
es schon von weitem ins Auge fällt. Irgendwie muß der Elsässer da einen Coup
mit dem Vertrieb gelandet haben.
Diese
Hotspots aus komprimierter Scheiße wirken wie schwarze Löcher und ziehen
PI-Epigonen, Anders Breiviks und religiöse Fundis magisch an.
Das ist
die Kehrseite des „freien Internets“ – potentiell hochgefährliche Spinner
können ungebremst von seriösen Redakteuren ihre Propaganda verbreiten.
Genau
dadurch erklärt sich auch der Erfolg der IS-Kalifat-Armee: Durch
Internetpropaganda rekrutieren sie Kämpfer aus allen Teilen der Welt. Allein
jeweils Hunderte aus Deutschland und Amerika.
Von dem
hohen Ross, als moderne Internet-affine Truppe mußte die Piratenpartei längst
herabsteigen.
Nichts ist den Piraten
so wichtig wie die Basis: Die Partei entstand als Versuch, mit konsequent
durchgezogener Basisdemokratie unter Einbindung der Mitglieder in alle
Diskussionen und Entscheidungen die politische Landschaft zu verändern. Das
Mittel dazu sollte die Netzplatzform LiquidFeedback liefern, doch dieser
ehrenwerte Plan scheiterte spektakulär. Zu oft produzierte die
Echtzeit-Einbindung der Masse nichts als Streit - die noch immer 28.000
Mitglieder zählenden Piraten gelten heute als zutiefst zerstrittene
Gruppierung.
Die
Piraten sind erledigt.
Sie sind
so verwirrt und konzeptionslos, daß sie selbst in einem Land mit so vielen
Wirrköpfen wie Deutschland kaum noch bei irgendeiner Wahl über ein Prozent der
Stimmen kommen können.
Die
gesamte Piratenfraktion des Berliner Abgeordnetenhauses will nun aus der Partei
austreten, weil sie in kürzester Zeit das erreicht hat, wofür die FDP 60 Jahre
brauchte: Sie haben „beim Wähler als Marke verschissen“. Das Piraten-Logo wirkt
jetzt nur noch als Urnengift.
LiquidFeedback
ist tot; die Idee stellte sich als Schöpferin von purer Schwarmdummheit heraus.
Da fast
alle Piratenpromis laut fluchend und schimpfend aus der Partei ausgetreten
sind, versucht nun ein Nobody die klägliche Rudimente einzusammeln. Der neue Parteivorsitzende
Stefan Körner will per Mitgliederbefragung endgültig die inhaltliche
Ausrichtung des elenden Polithäufchens bestimmen.
Die Methode dazu hat sich Körner wohlüberlegt:
Byebye
Internet, willkommen Snailmail!
Die so wichtige
Befragung soll keineswegs online, sondern ganz klassisch per postalisch
verschickten Fragebogen durchgeführt werden.
Postbote statt Liquid
Democracy? Ja, bestätigte der Parteivorsitzende Stefan Körner der
Nachrichtenagentur dpa: Es gebe keine Software, mit der eine verbindliche
Mitgliederbefragung online abgewickelt werden könne. Außerdem seien solche
IT-Systeme anfällig für Manipulationen. "Deswegen werden wir den ersten
Basisentscheid jetzt wohl ganz konventionell, ganz herkömmlich auf Papier
durchführen", sagte Körner.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen