Sonntag, 31. August 2014

Perfekt gemerkelt.


Sachsen schickt die Regierungspartei FDP in die APO und wählt rechts.
Das war heute in Sachsen das Resultat von Tillichs klassischer Merkel-Strategie der „asymmetrischen Demobilisierung“ von 2009.

Der CDU-MP forderte eine Polizeireform – nachdem diese alle anderen Parteien auch gefordert hatten. Die Partei, die seit einen Vierteljahrhundert ununterbrochen die Regierung stellt, tritt dreist als Oppositionskraft auf und der Urnenpöbel honoriert es auch noch.
So gewinnt man in Deutschland für die Konservativen Wahlen in Deutschland: Bloß nicht festlegen, unendlich rumeiern, nichts ausschließen, niemals konkretisieren und Forderungen der anderen Parteien einfach mitübernehmen, so daß der Urnenpöbel ganz schnell vergisst wozu man überhaupt eine andere Partei wählen soll.

Dazu versuchte Tillich den Wahlkampf möglichst unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu führen. Mitten in den Sommerferien; der Wahltag selbst dann einen Tag vor Schulbeginn.
So wurde die Wahlbeteiligung auf unter 49% gedrückt.
In absoluten Zahlen sieht man eine dramatische Abkehr von der CDU.

Bitter für die CDU: Sie erreicht nach jetziger Schätzung gerade noch 650.000 Stimmen. Bei der Landtagswahl 1999 waren es mit gut 1,2 Millionen noch doppelt so viele.

Die CDU hat also die Hälfte der Stimmen verloren, weil der Urnenpöbel durch das wolkige Blabla des MP so demobilisiert ist, daß er sich gar nicht mehr zur Wahl aufraffen kann.
Diese Demobilisierung erfolgt aber durch dreisten Themenklau und Ausweichen vor jeder Debatte ASYMMETRISCH, so daß die anderen Parteien noch mehr leisen und unter dem Strich die CDU in Relation zu den anderen gut dasteht.
Unser Wahlrecht macht es möglich, daß die so gewonnenen parlamentarischen Mehrheiten genauso groß sind, als wenn alle Bürger abgestimmt hätten.

Daß Nichtwähler ihre Stimme wegwerfen und damit den Regierenden geholfen wird, begreifen die Nichtwähler nicht.


Mit der CDU-Strategie der asymmetrischen Demobilisierung kann man lange erfolgreich sein – sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind:

1)
Der Urnenpöbel muß sehr verblödet sein und so phlegmatisch saturiert dahin dämmern, daß er mehrheitlich gar nicht erst zur Wahl geht.
Von völliger Verblödung kann man beim deutschen Urnenpöbel im Allgemeinen mit Fug und Recht reden. Insbesondere gilt das aber für Sachsen, wo Sachsensumpf, korrupte Justiz, Einschränkungen der Pressefreiheit locker hingenommen werden, ohne daß irgendwer Konsequenzen fordert.
Andererseits schlottern den Sachsen die Knie vor „Überfremdungsangst“ – bei einem Ausländeranteil von zwei Prozent. (Zum Vergleich: Ausländeranteil in Hamburg: 28%)

2)
Die Presse muß tumb eingelullt die PR der Landesregierung nachplappern und darf nicht anfangen kritisch zu hinterfragen.
Auch das trifft zweifellos zu. Heute loben alle Sender unisono die „blendenden Wirtschaftsdaten“ und die „vorbildliche Haushaltsdisziplin“ der schwarzgelben Regierung.

Ostdeutschland sei eine Erfolgsgeschichte, sagt Angela Merkel. Und sie hat Recht - wie schon Helmut Kohl, als er von blühenden Landschaften sprach. […] Sachsen dürfte einer Studie zufolge bereits in sechs Jahren finanziell von allen 16 Bundesländern am besten dastehen und sogar Bayern abgehängt haben.
(Malte Lehming, TS, 18.08.2014)

Sachsen, das bereits seit 2006 ohne Neuverschuldung auskommt, wird zudem wie in den Vorjahren jährlich 75 Millionen Euro in die Tilgung stecken, um die Pro-Kopf-Verschuldung trotz sinkender Einwohnerzahl konstant zu halten. […]
„Wir schaffen schon heute, was Deutschland und Europa erst noch erreichen wollen: einen ausgeglichenen Haushalt", hatte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) zu Beginn der zweitägigen Etatdebatte erklärt. Für ihn ist der Haushalt in Zahlen gegossene Zukunft.
(Sächsische Zeitung 12.12.12)

Wie sich rund 300 Millionen Euro Haushaltsüberschuss in Sachsen anhören, wenn man 6,5 Milliarden Zuwendungen durch die Bundesfinanzausgleiche abzieht, wird nicht erwähnt.

Ganz anders beim rot regierten Hamburg, das als Geber-Land eine halbe Milliarde Haushaltsüberschuss erwirtschaftete. Hier mäkelt die Springerpresse.

Diese Zahl hat selbst Experten den Atem verschlagen: Sagenhafte 572Millionen Euro hat Hamburg im ersten Halbjahr 2014 mehr eingenommen als ausgegeben. Einen Haushaltsüberschuss von mehr als einer halben Milliarde Euro innerhalb von sechs Monaten – das hat es in dem Stadtstaat an der Elbe vermutlich noch nie gegeben. Manch einer mag angesichts dieser Zahlen schon zur Schampuspulle greifen und durchrechnen, was man sich nun alles schönes leisten könnte. Aber leider sind derlei Überlegungen völlig unangebracht. Denn tatsächlich ändert die aktuell gute Haushaltslage an der finanziellen Situation der Stadt wenig bis gar nichts.
(Andreas Dey, DIE WELT 18.08.14)

3)
Die Oppositionsparteien sollten die Hosen so voll haben, daß sie weitgehend auf Schmuse- und Anbiederungskurs setzen.

Da ist die fromme Grüne Spitzenkandidatin Antje Hermenau, die sich öffentlich wünscht mit an Tillichs Kabinettstisch sitzen zu dürfen.

Das kleine goldene Kreuz, das Antje Hermenau, 46, seit wenigen Wochen am Hals trägt, offenbart die Wandlung. In der Osternacht hat sie sich und ihren vierjährigen Sohn in der Dresdner Frauenkirche evangelisch taufen lassen. Zuvor hatte Sachsens Grünen-Fraktionschefin dort den siebenwöchigen Kursus »Religion für Neugierige« besucht. »An eine göttliche Kraft«, sagt sie, »glaube ich schon, seit ich vor Jahren erstmals in den Alpen auf Berge gestriegen bin.«

Mit ihrem CDU-Schmusekurs wirtschaftete sie die Grünen heute auf knapp über 5% herunter; ein Resultat, das der mehr und mehr verwirrte Bundesparteichef Özdemir als „tolles Ergebnis“ bezeichnet.

Die LINKE in Sachsen kopierte sogar die AfD-Forderung nach mehr Polizei im Freistaat – nachdem gerade Linke Politiker auf Dresdner Demonstrationen gegen Neonazis mehrfach Opfer von Polizeigewalt wurden.
Rückgrat geht anders.

Die Wahl in Sachsen hatte immerhin den positiven Nebeneffekt, daß zwei vollkommen überflüssige Null-Themenparteien abgeschafft wurden.

Die FDP schrumpfte von rund 180.000 Listenstimmen bei der Landtagswahl 2009 auf heute etwa 50.000 Stimmen zusammen. Dabei gab sie nahezu gleichmäßig an alle anderen Parteien ab.

Die Piraten liegen Sachsen-weit unter einem Prozent und sind kaum noch messbar.
                   
Die Wahl in Sachsen hatte außerdem den negativen Nebeneffekt, daß durch Schmusekurs und Kopieren des AfD-Programms nun 15% der Stimmen und somit etwa 21 von 130 Sitzen neofaschistischen Parteien zuzurechnen sind.
AfD und NPD sind nach derzeitigem Auszählungsstand im Parlament.

CDU und der rechtsnationale Rand sind in Sachsen kaum noch auseinander zu halten.

Die AfD hat vor allem Wähler am Rande der CDU zu sich herüber holen können, 34.000 an der Zahl. Etwa gleich große Zuströme gibt es von FDP, Linken und NPD mit jeweils 15.000 bis 18.000 Stimmen. Interessant daran: Auch bei früheren Landtagswahlen haben Wähler von CDU und FDP den Weg zu Protestparteien und sogar ins rechtsextreme Lager zur NPD gefunden. Zwischen dem bürgerlichen und dem rechten Lager scheint es in diesem Bundesland keine richtige Trennung zu geben.

Eine wenig überraschende Entwicklung angesichts einer schwarzgelben Regierung, die im Landesparlament immer mal wieder mit der NPD stimmte und deren Regierungschef sich partout nicht von der AfD distanzieren wollte.

Im Wahlkampf konnte man die AfD-Parolen wie schon bei der Europawahl nicht von denen der NPD unterscheiden.





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