Das
Problem mit der repräsentativen Demokratie ist, daß die Quertreiber, Paniker und
Schreihälse vom Wähler überproportional wahrgenommen werden.
Wesentlich
mehr erreicht vermutlich der Typ Volksvertreter, der in Ausschüssen und
Kommissionen Kompromisse schafft, sich Fachwissen aneignet und nicht seine
Arbeitszeit dafür verschwendet für sich als Person Werbung zu machen.
Ein
Beispiel dafür ist die äußerst effektive Arbeit des Bundesarbeitsministers Olaf
Scholz (2007-2009), der kaum in Talkshows ging und für die Öffentlichkeit
relativ unsichtbar blieb. Das brachte ihm miese Beliebtheitswerte und den Titel
„Scholzomat“ ein.
Das
Gegenbeispiel ist CDU-Bundesvize Julia Klöckner, die politisch
noch überhaupt gar nichts geleistet hat, nie eine Wahl gewann, ihren
Staatssekretärsjob schnell wieder hinwarf, auf Bundesebene mit besonders sinnlosen Vorschlägen auffällt,
aber dafür schon als Kanzlerinnenanwärterin und Hoffnung der CDU gilt.
So eine
wird gemocht und garantiert gute Wahlergebnisse.
König
der Dampfplauderer ist und bleibt aber Wolfgang Bosbach, der sich immer als
aufrechter Kämpfer gegen Bevormundung inszeniert, der als einziger ehrlich
seine Meinung sage.
Ihm ist
es fast egal um welches Thema es geht, Hauptsache er kann sein Gesicht vor die
Kameras bringen. Bosbach ist omnipräsent. Was Bosbach sagt, wird sofort weiterverbreitet.
Wolfgang Bosbach hat
seinen Titel verteidigt. Im dritten Jahr hintereinander gelang es ihm, die
Talkshow-Studios der Republik häufiger zu bespielen als jeder andere.
Bosbach,
der gelernte Einzelhandelskaufmann betätigt sich als Verwaltungsratsmitglied
des Kölner Eishockeyclubs „Die Haie“ e.V., sitzt als
Mitglied
im Fernsehrat des ZDF, seit 9. März 2010 als Vertreter der CDU und Mitglied im
Programmausschuss Programmdirektion und fungiert zudem als Juror bei der Wahl
der Miss Germany.
Regierungsverantwortung
trug der Berufspolitiker nie.
Er ist
eher der Meckerer aus der zweiten Reihe, der aber drei Mal am Tag zur Presse
rennt, um sich ins Gespräch zu bringen.
Das klappt
besonders gut, wenn er sich konservativer als der Rest seiner Partei gibt.
Den
doofen Griechen gönnte er nicht das Schwarze unter den Fingernägeln und
biederte sich in schleimigster Weise bei den AfD-Sympathisanten an, indem er
dem Affen Zucker gab und natürlich nicht richtig stellte, wo all das Geld
tatsächlich hinging.
Zuletzt
inszenierte er sich als Märtyrer, der sogar seine Karriere seinen Überzeugungen
opfere.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang
Bosbach legt sein Amt als Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses nieder.
Sein Bundestagsmandat werde er aber behalten. Das teilte der Abgeordnete für
den Rheinisch-Bergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen am Donnerstag in Bergisch
Gladbach mit.
Der CDU-Politiker
hatte zuletzt wegen möglicher neuer Griechenland-Milliardenhilfen massive
Kritik an seiner eigenen Partei geübt. Er hält das Haftungsrisiko für die
Steuerzahler für zu hoch - denn dass Griechenland die Kredite pünktlich und
vollständig zurückzahlt, glaubt er nicht.
Der
Innenausschuss hat zwar gar nichts mit den EU-Hilfen zu tun und natürlich
behielt Bosbach den Job, der das Geld einbringt – das Abgeordnetenmandat.
Aber der
Urnenpöbel war begeistert von diesem angeblich so konsequenten Schritt.
Man
feierte ihn. Die Hamburger Morgenpost bejubelte ihn als „ehrlichsten Politiker
Deutschlands“ und rief alle anderen auf sich ein Beispiel an ihm zu nehmen.
Kein zweiter Politiker
ohne Spitzenamt ist so beliebt wie der Ex-Karnevalsprinz aus Bergisch-Gladbach.
Seine Talkshow-Auftritte sorgen regelmäßig für Top-Einschaltquoten.
Der Grund: Keiner
spricht Klartext wie er, kaum einem anderen Politiker wird so viel Aufrichtigkeit und Unabhängigkeit
zugeschrieben wie ihm. Dank Sätzen wie diesem – einem Klassiker im
„WoBo“-Repertoire, den er gestern wiederholte: „Früher warst Du ein Rebell,
wenn Du eine revolutionäre Bewegung angeführt hast, heute bist Du es schon,
wenn du bei Deiner Meinung bleibst.“
Ja,
Bosbach redet Klartext.
Er ist
klar xenophob, will klar Ausländer loswerden und tritt klar gegen ein
solidarisches Europa ein.
Das darf
aber eben nicht mit Aufrichtigkeit oder
gar Ehrlichkeit verwechselt werden.
Bosbach
ist schlicht und ergreifend ein Lügner, der rechte Stimmungen anheizt.
Faktencheck der
SPIEGEL-Dokumentation […]
Kaum ein anderer Politiker ist so häufig in
Talkshows zu sehen wie CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. […] Derzeit äußert Bosbach gern
seine Meinung zum Thema Flüchtlinge. Deutschland leiste in "beispielloser
Weise" Hilfe und komme "an die Grenzen der Belastbarkeit",
behauptet er zum Beispiel. Vergangene Woche gab Bosbach bei einer Veranstaltung
in Mönchengladbach zu bedenken, dass wir "nicht alle sozialen Probleme
dieser Welt" lösen könnten. […]
FÜR UND WIDER […] Der Großteil geht nicht in die westlichen Industriestaaten, sondern in
angrenzende Nachbarländer. Die mit Abstand meisten internationalen Flüchtlinge
zählte die Uno Ende 2014 in der Türkei und in Pakistan, jeweils über 1,5
Millionen Menschen.
Teilt man die Summe
der Flüchtlinge und Asylbewerber durch das Pro-Kopf-Einkommen eines Landes,
rangiert Deutschland weltweit nur noch auf Platz 36. Ganz oben stehen
Äthiopien, Pakistan und Uganda. […]
Dem Eindruck, dass
Deutschland in "beispielloser Weise" Flüchtlingen Hilfe leisten muss,
steht ein weiterer Vergleich entgegen. Dividiert man das in einem Jahr
erwirtschaftete Bruttoinlandsprodukt eines Landes durch die Anzahl der
anerkannten Flüchtlinge und der Asylbewerber, dann ergibt dies den Betrag, aus
dem ein Land seine Kosten pro Schutz- und Hilfesuchenden bestreiten muss. Je
kleiner die Summe, desto höher dürfte die jeweilige "Belastung" sein.
Gemessen an diesem Indikator steht Deutschland auf Platz 73 von 161 hier erfassten
Staaten. […]
FAZIT Der deutsche
Staat leistet weder Hilfe "in beispielloser Weise", noch agiert er an
den "Grenzen der Belastbarkeit". Deutschland ist daher natürlich
nicht das "Weltsozialamt".
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