Wir
haben in Europa das was man einen Rechtsrutsch nennt.
In fast
allen EU-Ländern schwingen sich rechtsextreme Parteien zu ernsthaften Gefahren
für die Regierenden auf; regieren teilweise sogar mit.
Nicht überall
allerdings. In Spanien spielen rechtsextreme Parteien überhaupt
keine
Rolle.
Aber
Ungarn ist schon ein protofaschistischer Staat und Beata Szydlo wandelt ihr
Land in rasendem Tempo in eine Diktatur um.
Polen und Ungarn sind dabei keine Ausreißer, sondern
voll im Trend.
Marine Le Pens faschistoider Front National wurde
vorgestern bei den Regionalwahlen frankreichweit stärkste Kraft.
In Großbritannien kratzt die rechtspopulistische,
europafeindliche Ukip-Partei unter Nigel Farage
an der 20%-Marke.
Siv Jensen,
Chefin der „Fortschrittspartei“, ist in Norwegen Zweite
Ministerpräsidentin. Auch die
neonazistischen „Wahren Finnen“ des Timo Soini
sind schon an der Regierung beteiligt, ebenso wie die Rechtspopulisten
der Dänischen Volkspartei des Kristian
Thulesen Dahl in Kopenhagen.
Die rechten
Schwedendemokraten erreichten zuletzt 13 Prozent.
Der stramm rechtsextreme blonde Bizarro Geert Wilders
könnte gegenwärtige genau wie die Kollegin Le Pen rund ein Drittel der Stimmen
in Holland erwarten.
Der Haider-Nachfolger Heinz-Christian Strache
erreichte jüngst bei den Kommunalwahlen in Wien auf satte 32,3 Prozent. Und all
das wird noch getoppt von den Ungarn. Der massiv xenophobe Rechtspopulist
Viktor Orban und seine Fidesz regieren mit absoluter Mehrheit, werden aber von
der noch deutlich extremistischeren Nazi-Partei Jobbik in die Zange genommen,
die bei Umfragen auf ein gutes Viertel der Stimmen kommt.
All
diesen Rechten in Europa das Etikett „rechtsradikal“ anzuheften ist zu simpel; es gibt da
durchaus Unterschiede.
Man
sollte auch die Adjektive völkisch,
radikal-klerikal, homophob, europakritisch, islamfeindlich, chauvinistisch
und antiliberal verwenden.
Da
Christliche Worte immer noch gnadenlos positiv konnotiert werden, verwendet die
Presse kaum jemals den Ausdruck „christliche Parteien“ oder „radikal-christlich“,
wenn es gilt die Rechts-außen zu beschreiben.
Die
Perussuomalaiset (PS, Basisfinnen oder Wahre Finnen) vertreten genauso
radikal-christliche Standpunkte, wie das Verbot von Homosexualität.
Auch die
deutsche AfD ist die Speerspitze des christlichen Fundamentalismus.
Die
österreichische FPÖ beruft sich auf ein „wehrhaftes Christentum.“
László
Kiss-Rigó, Bischof von Szeged-Csanád und der Ungar Péter Kardinal Erdő sind die
Hauptverbündeten Victor Orbans. Die ungarische Kirche erzwingt gewissermaßen
die antiziganistische und antisemitische Politik, forciert Homophobie und
Aggressionen gegen Flüchtlinge.
Die
radikal menschenfeindliche und antidemokratische Politik des Beata Szydło-Kabinetts
wurde im Wesentlichen durch die Propaganda des kirchlichen Senders Radio Maryja
ermöglicht.
Die
katholische Kirche war ebenfalls die Antriebskraft der Massenproteste gegen die
Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Frankreich, stritt wider die
Menschenrechte Arm in Arm mit dem faschistischen Front National und machte Le
Pen so noch viel stärker.
Und auch
in Russland ist die orthodoxe Kirche die Hauptantriebskraft für den autokratischen,
militärischen, radikal-homophoben Kurs Putins.
Die
rund 100 Millionen Mitglieder hören auf den Prunk-Patriarchen Kyrill, welcher im eine-Million-Euro
Maybach durch Moskau rast und eine Vorliebe für extrem
teure Uhren auslebt.
Die Spitzen des Staates zeigen sich regelmäßig zu den
Feiertagen beim Gottesdienst, der Klerus wurde in politische Gremien
eingebunden, Patriarch Kyrill macht vor Wahlen stets klar, wen die Kirche für
den richtigen Kandidaten hält, und preist die Putin-Ära als 'ein Wunder Gottes'.
[…] Besonders
die Jungen und die Angehörigen der Intelligenzija, […] stoßen sich heute
daran, dass Würdenträger in Staat und Kirche sich in ihrem zynischen Verhältnis
zur Macht immer ähnlicher werden. Selbstverständlich werden die Straßen gesperrt,
wenn der Patriarch in seinem Maybach mit Begleitkolonne durch Moskau fährt,
genauso wie das für den russischen Präsidenten oder Premier geschieht. […]
Der Hang hochgestellter Kirchenmänner zu Prunk und
Luxusgütern weckt bisweilen den Eindruck, als würde der Klerus jetzt nachholen,
was die Oligarchen in den wilden Zeiten des Banditenkapitalismus vorgelebt
haben.
(Süddeutsche
Zeitung 27.04.12)
Der
Prass- und Prunk-begeisterte Metropolit
Kyrill rafft aber nicht nur Luxusgüter an sich und spannt den
Staat für seine Geldgier ein, sondern er unterstützt auch euphorisch die
diskriminierende Hetze gegen sexuelle Minderheiten in Russland.
Wenn es
also eins gibt, das Europa wirklich extrem schadet und das wir unbedingt
zurückdrängen müssen, dann ist es der kirchliche Einfluss auf die Politik.
Erst
wenn sich die Bürger vom religiösen Einfluss lösen und sich dafür auf
evolutionären Humanismus und die Bürgerrechte besinnen, die allesamt gegen den
erbitterten Widerstand der Kirchen erkämpft werden mußten, kann es voran gehen
in Europa.
Unglücklicherweise
wird auch das deutsche Kabinett von 100% Christen gebildet, obwohl wir 1998 und
2002 schon ganz andere Zeiten erreicht zu haben schienen.
Unglücklicherweise
sind seit dem auch in der SPD die Religioten – und als solche muß man neben den
Parade-Papsttreuen Nahles und Thierse auch den Fraktionschef Oppermann und den
Parteichef Gabriel bezeichnen – auf dem Vormarsch.
[….]
SPD-Politiker Oppermann: Kirche soll sich einmischen [….]
Die Frage „Konsequente
Trennung von Staat und Kirche – eine zeitgemäße Forderung?“ hat der Göttinger
SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Oppermann am Donnerstag erörtert. Er sprach
zum Abschluss der Vortragsreihe „Kirche – Staat – Politik: Perspektiven auf ein
komplexes Verhältnis“ an der Universität Göttingen.
[….]
Er
selbst halte es allerdings für falsch, Religion als reine Privatsache zu
behandeln. Und dies auch als Mitglied der SPD und deren historisch bedingt
lange Zeit schwierigen Verhältnisses zur Religion.
Der Politiker
begründet dies auch rein praktisch: Eine religiöse Weltanschauung setze
Ressourcen wie Nächstenliebe frei, die sonst in diesem Maße nicht vorhanden
wären. Das könne man aktuell in der Flüchtlingskrise sehen. [….] „Die Kirche darf und soll sich einmischen“, sagte Oppermann. Dabei
seien die Grenzen der Religionsfreiheit aber immer wieder neu auszuhandeln, was
in Deutschland seiner Meinung nach auch geschehe. [….]
Thomas
Oppermann schätzte ich einst als Fraktionsgeschäftsführer sehr.
Kaum zu
glauben, daß er jetzt so einen fürchterlichen Unsinn von sich gibt.
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