Mittwoch, 2. August 2017

Impudenz des Monats Juli 2017 – Nachtrag

Nach den finanziellen und personellen Verstrickungen von Autoindustrie und C-Parteien, die ich gestern darlegte, konnte niemand ernsthaft erwarten, daß die von CSU-Dobrindt geführte Politiker-Phalanx sich ernsthaft für Klima, Verbraucher, Gesundheit der Kinder entscheiden würde.
Und natürlich passierte das auch nicht.


Der politische Reflex sich bei Anwesenheit von Autobossen sofort zu Boden zu werfen und devot das entblößte Hinterteil zur Penetration anzubieten war bei Bundesministern und Ministerpräsidenten noch voll intakt.

Das kriminelle Verhalten der Konzernbosse wird weiterhin achselzuckend hingenommen. VW, BMW und Daimler müssen keine Strafen zahlen und schon gar nicht müssen sie  - wie in den USA – Entschädigungen an die Verbraucher zahlen. Die Konzerne brauchen keine Hardware-Veränderungen vorzunehmen (das wäre nämlich teuer) und schon gar nicht will die deutsche Politik den Beispielen anderer Länder folgen und einen Abschied vom Verbrennungsmotor postulieren.

Es war wie immer: Die Konzernbosse fordert und die Groko sagt mitsamt der angereisten Ministerpräsidenten brav „Ja und Amen!“.

 [….]  „Es hilft den Menschen in Städten überhaupt nichts, wenn ein vielfach überhöhter Schadstoffausstoß bei Diesel-Pkw um ein Viertel gesenkt wird und die Gesundheitsgefährdung um null Prozent abnimmt. Wieder einmal haben sich die Automobilhersteller durchgesetzt. Sie bekommen eine Billigvariante, um schmutzige Diesel weiter verkaufen zu können. Die Gesundheit der Menschen wird weiterhin geschädigt[….] Die Automobilindustrie muss verpflichtet werden, auf ihre Kosten die lange schon vorhandenen teuren, aber wirksamen Abgasreinigungsverfahren in Diesel-Pkw einzubauen. Die Profitpolster sind dick genug, um das finanzieren zu können. Zwischen 2010 und 2016 verdienten allein Daimler, VW und BMW 152 Milliarden Euro.  […..]
Bei den lumpigen 152 Milliarden Euro Gewinn, also gerade mal 152.000 Millionen in sechs Jahren, blutet der Bundesregierung das Herz.
Damit VW und Co nicht so darben müssen, zahlt sie auf Steuerzahlerkosten ordentlich drauf.

 [….]  In den vergangenen zehn Jahren hat die Autoindustrie in Deutschland insgesamt rund 1,15 Milliarden Euro an Subventionen vom Bund erhalten, den Großteil für Forschung und Entwicklung, aber auch für Investitionen. So schreibt es die Bundesregierung in der Antwort auf eine "Kleine Anfrage", die die Fraktion Die Linke im Mai gestellt hat.
Wie daraus hervorgeht, hat der Bund zudem seit 2012 für fast 800 Millionen Euro bei den großen Herstellern Fahrzeuge eingekauft - allen voran bei Daimler und Volkswagen.
In Kontext der Elektromobilität investiert der Bund zudem in die Ladeinfrastruktur. Rund 300 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Außerdem soll der Anteil von Elektrofahrzeugen am bundeseigenen Fuhrpark steigen: auf zukünftig ein Fünftel. Dazu stellt die Bundesregierung weitere 100 Millionen Euro bereit. […..]

Die SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks ist zwar ausgesprochen wütend, weil die Autobosse keinerlei Demut zeigten und auch nichts ändern wollen, aber die CDU/CSU-Front gegen die Umwelt stand. Die üppigen Parteispenden zeigten wieder einmal Wirkung. Scheiß auf kleine Kinder, die genau in Höhe der Auspuffrohre leben und massenhaft Asthma und Neurodermitis entwickeln. Die Blagen sind Merkel, Dobrindt, Kretschmann und Seehofer sowas von egal, wenn es um das Wohl der heiligen Konzerne geht.

[….] Die Autohersteller dürften zufrieden sein: Vor dem Diesel-Gipfel in Berlin betonten sie wieder und wieder, dass Software-Updates ausreichten, um schmutzige Dieselautos deutlich sauberer zu machen. Nach zähem Ringen zwischen Bund, Ländern, Autoherstellern und Verbänden steht nun das Ergebnis des Gipfels fest: Mehr als fünf Millionen Dieselautos, so verkauft es zumindest der Verband der Automobilindustrie (VDA), sollen künftig weniger Schadstoffe ausstoßen - dank neuer Software. Ein Viertel bis ein Drittel weniger giftiges Stickoxid sollen die Autos anschließend in die Umwelt pusten, teilte der VDA schon vor dem offiziellen Ende des Gipfels mit.
In einer anschließenden Presseerklärung zeigte sich Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) über das Vorpreschen der Autolobbyisten ausgesprochen verärgert und bemängelte fehlende Demut und Einsicht. […..]

Vielleicht also ein Viertel weniger Stickoxide. Das aber nur bei den neuen Modellen.
Und nur wenn es warm ist. Bei unter 10°C wird die Software wieder abgestellt.
Wenn diese Maßnahme wie von der Industrie versprochen wirkt – was man nach den bisherigen Erfahrungen mehr als bezweifeln muss – wird der zulässige NOX-Grenzwert auch nur noch um 400% überschritten. Hellelujah.

[…..] Die Autoindustrie ist mit einem Minimal-Angebot zum Diesel-Gipfel gegangen - und konnte sich damit durchsetzen, meint Werner Eckert von der SWR-Umweltredaktion. Durch die beschlossenen Software-Updates könnte die Luft in den Städten bestenfalls rein rechnerisch um wenige Prozent besser werden, wenn die Industrie die Anforderungen überhaupt erfülle, sagte er im nachtmagazin.
Probat wären Änderungen an der Hardware, meint Eckert. "Durch solche Maßnahmen kann man jeden Diesel sauber machen." Das würde den Schadstoffausstoß tatsächlich reduzieren, wäre aber sehr schwierig und würde einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten. Die Autobauer hätten sich beim Gipfel mit der Ansicht durchgesetzt, dass dies unter wirtschaftlich vertretbaren Umständen nicht zu leisten sei.
Dass die nun angestrebten Software-Updates  keine Auswirkungen auf Verbrauch, Lebensdauer und Leistung haben werden, glaubt Eckert nicht. Andernfalls stelle sich die Frage, warum die Hersteller die Motoren nicht von Anfang an so programmiert haben, wenn es tatsächlich möglich wäre, den Schadstoffausstoß ohne schädliche Effekte senken zu können. [….]

[…..] "Nun rächt sich der jahrelange Kuschelkurs zwischen Autoindustrie und Bundesregierung. Das heutige Ergebnis ist viel zu wenig", so Grünen-Chef Cem Özdemir. [Gut gebrüllt, Cem, aber hast Du das auch Winfried gesagt?] Für saubere Luft reichten Software-Updates alleine nicht. Auch der ADAC warf der Bundesregierung vor, durch ihren Verzicht auf eine verpflichtende Hardware-Nachrüstung vor den Konzernen eingeknickt zu sein. Linkspartei-Chef Bernd Riexinger nannte den Gipfel eine "Farce".
[…..] Ein entsprechender Fonds mit dem Titel "Nachhaltige Mobilität für die Stadt" soll aufgelegt und mit 500 Millionen Euro ausgestattet werden. Daimler, BMW und Volkswagen beteiligen sich daran und übernehmen die Hälfte der Summe. [Mehr war bei lediglich lumpigen 152 Milliarden Euro Gewinn, also gerade mal 152.000 Millionen in sechs Jahren auch wirklich nicht von der Industrie abzuknapsen. Da soll lieber der Steuerzahler die Hälfte übernehmen]
Außerdem will der Bund 250 Millionen Euro zusätzlich in die Hand nehmen, um etwa den Ausbau der Elektromobilität zu unterstützen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und öffentliche Fuhrparks zu modernisieren. [….]

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