Dienstag, 29. August 2017

Rechts und rechter.

Die Grenzen waren offen.
Das ist ja gerade der Kerngedanke der EU. Davon haben wir alle profitiert.

Angela Merkel hat also nie die Grenzen geöffnet, sondern sie lediglich vor zwei Jahren nicht ganz so schnell notleidenden Menschen vor der Nase zugeschlagen wie andere.

Entstanden war der „Druck auf die deutschen Grenzen“ übrigens dadurch, daß sich Merkel und ihre Minister zehn Jahre lang auf Europäischer Ebene extrem unsolidarisch verhalten hatten, knallhart auf Dublin 2 beharrten und den südlicheren EU-Ländern jede Hilfe verweigerten.
Merkel ließ deutsche Waffen in Krisengebiete exportieren wie kein Bundeskanzler vor ihr und setzte eine EU-Agrarpolitik durch, die afrikanische Länder mit so hoch subventionierten Billiglebensmitteln überschwemmte, daß zig Millionen Kleinbauern ihre Lebensgrundlage verloren und auch Myriaden afrikanische Fischer arbeitslos wurden, weil europäische Trawler sich Fangrechte sicherten.
Merkel war es auch, die fünf Jahre lang fest die Augen vor dem Elend des Syrischen Bürgerkrieges verschloss. Die über Jahre anschwellenden Hilferufe über die zu Tausenden im Mittelmeer ertrinkenden Menschen – unter anderem seit 2013 laut vernehmbar durch den Papst – ließ Berlin ungehört an sich abprallen.
Merkels Innenminister de Maizière reagierte höchst verärgert über die Mare-Nostrum-Rettungsaktion – wenn nicht mehr genügend Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten elendig im Meer ersaufen würden, schwäche sich der abschreckende Effekt ab.

Bundesinnenminister Thomas der Maizière hatte noch vor kurzem gesagt, Seenotrettungsprogramme würden Schlepperbanden anregen, ihr Geschäft fortzusetzen. [Wie kann man nur so moralisch verkommen sein wie de Maizière???? – T.]  […] Scharfe Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik war zuvor vom UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, gekommen. Die Hunderten von Toten seien das Ergebnis eines anhaltenden Politikversagens und eines "monumentalen Mangels an Mitgefühl". Statt nach sinnlosen strengeren Abschottungsmaßnahmen zu rufen, müsse die EU endlich legale Fluchtwege und mehr Rettungskapazitäten für das Mittelmeer bereitstellen, so der Hochkommissar.

Merkel ist nicht die Ursache für die Migrationsbewegungen in der Welt, aber sie hat Öl ins Feuer gegossen und tut es bis heute.

2015 war das Elend, das Merkel zu vergrößern half, buchstäblich bis an die deutsche Tür gerückt und für eine Sekunde wollte die Kanzlerin nicht die Probleme Ungarn, Italien und der Türkei in die Schuhe schieben.

Seit diesem einen Moment im Sommer 2015 arbeitet Merkel wieder an ihrer Abschottungspolitik à la Seehofer.
Die Deutschen fühlten sich überfordert, obwohl Deutschland prozentual nie auch nur annähernd so viele Heimatvertriebene aufgenommen hatte wie die Türkei, der Libanon oder Jordanien, obwohl Deutschland finanziell nicht annähernd so gefordert wurde wie Griechenland oder Italien im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftsleistung.

Seit 2015 wird ungeniert aus Merkels Regierung wider die Menschen in Not gehetzt, zu deren Not Deutschland beigetragen hat.
Es hetzen nicht nur CSU-Granden, sondern auch Merkels engste CDU-Verbündete.

 [….] Klären wir erst einmal das Wesentliche: Was Thomas de Maizière am Donnerstag zum Thema „Dankbarkeit“ und Benehmen geflüchteter Menschen von sich gegeben hat, ist widerlich, niederträchtig, verlogen, arrogant, menschenfeindlich, ressentimentgeladen und so dumm, dass man sich damit eigentlich nicht weiter beschäftigen möchte.
Geht aber nicht. Denn de Maizière ist ja nicht irgendein Pegida-Vollpfosten oder anonymer PI-News-Kommentator. Er ist noch nicht einmal CSU-Chef. Wie auch immer es dazu kommen konnte, der Mann ist amtierender Bundesinnenminister, zuständig für die Sicherheit aller in Deutschland lebenden Menschen.
Schon qua Amt sollte ihm also aufgefallen sein, dass nahezu jeden Tag in Deutschland Flüchtlinge angegriffen werden. Und zwar nicht, weil sie durch ihr Verhalten provozieren. Sondern weil die Angreifer genau den Mist im Kopf haben, dem de Maizière am Donnerstag das Wort redete.
„Jetzt gibt es schon viele Flüchtlinge, die glauben, sie können sich selbst irgendwohin zuweisen“, empört sich der Minister. Na sowas, sie kümmern sich um ihr eigenes Schicksal! Wo kommen wir da nur hin! [….] Und wie kommen diese Leute überhaupt dazu, nicht dankbar die Massenunterkunft für 1.000 Geflüchtete, ohne Privatsphäre, mit 30 Duschen und schlechtem Essen zu akzeptieren, sondern sich einfach selbstständig etwas besseres zu suchen?
[….] Eigentlich müsste ein deutscher Innenminister den Rechtsstaat gegen den Mob verteidigen und nicht andersherum. De Maizière aber zündelt. Die Kanzlerin müsste ihn eher heute als morgen hinauswerfen. Macht sie aber nicht. Da ist zu viel Angst vor den rechten Dumpfköppen – auf der Straße und in der eigenen Koalition. [….]

Merkel hat nicht nur nichts aus ihren Fehlern vor 2015 gelernt, sondern sie verschärft die Krise in atemberaubender Menschenverachtung, indem sie das Elend wegschiebt. Raus aus dem deutschen Wahlkampf. Es ist ihr offensichtlich wesentlich lieber, daß nicht nur tausende Kinder und Frauen im Meer ersaufen und noch mehr inzwischen in nordafrikanischen Wüsten verrecken, als nur einen nach Deutschland zu lassen.


[….] Ich gebe zu: Ich schäme mich! Ich schäme mich für diese Flüchtlingspolitik, die da in Paris verhandelt wurde. Eine Politik, die von der deutschen Bundeskanzlerin wesentlich mitbestimmt wird - und die eine einzige Schande ist - für dieses Land und für diesen Kontinent.
Es ist eine Schande, dass auch die Bundesregierung es offensichtlich billigt, dass libysche Milizen Flüchtlinge in Lager verfrachten, wo sie weiterhin misshandelt, gefoltert und vergewaltigt werden. Der Vorschlag, diese Lager unter die Obhut der UN zu stellen ist ein schlechter Witz, in einem Land das vom Bürgerkrieg zerrissen ist und nicht mal eine richtige Regierung hat.
Es ist eine Schande, dass Deutschland und Frankreich jetzt Waffen liefern wollen, ausgerechnet an afrikanische Diktaturen wie den Tschad, dessen Armee schwerste Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Und ja, es ist eine Schande, dass Europa seine Außengrenze jetzt mitten durch Afrika ziehen will. Ein Bollwerk gegen Flüchtlinge, bewacht von Regimen, die mit europäischen Grundwerten wenig bis gar nichts zu tun haben.
Nein, mit dieser Politik wird das Flüchtlingselend nicht bekämpft. Es wird nur verlagert. Dorthin, wo keine Kameras mehr hinschauen: in die Wüste Afrikas, wo mittlerweile mehr Menschen sterben als im Mittelmeer.
Bundesregierung verrät unsere Werte
Dabei gäbe es Alternativen: Zuallererst eine Afrikapolitik, die diesen Namen auch verdient. Die vor allem den Menschen hilft und nicht den Renditeerwartungen privater Investoren. Und die afrikanischen Unternehmen Zugang zum europäischen Markt gewährt, statt sie durch Freihandelsabkommen auszugrenzen.
So könnten Fluchtursachen wirklich bekämpft werden. Aber daran scheint diese Bundesregierung, diese Kanzlerin nicht wirklich interessiert zu sein. Ihr geht es darum, die Flüchtlingszahlen nach unten zu treiben. Koste es, was es wolle. Und sei es der Verzicht auf unsere grundlegenden Werte: das Völkerrecht, die Menschenrechte, die Humanität. [….]

Merkel macht knallharte antihumane AfD-Politik.

Erinnert sich noch jemand, wie wir uns bis Juli 2015 vor dem rechten Ressentiment-Reiter Bernd Lucke fürchteten?
Dann wurde er von der noch rechteren und noch perfideren Frauke Petry weggeputscht, die noch nicht mal mehr so tat, als ob es ihr um EURO- oder Wirtschaftspolitik ginge, sondern nur noch dumpf-völkisch an xenophobe Instinkte appellierte.

Im Sommer 2017 ist sogar Frauke Petry schon zu liberal für die AfD.
 Der stramm nach rechtsbraun diffundierende Alexander Gauland schob die gebärfreudige Sächsin brutal ins Abseits.

Mit Poggenburg, Höcke, Storch und eben Gauland geben nun echte Rassisten den Ton in der AfD an, die keinerlei Skrupel haben so zu reden wie einst Adolf Hitler.

Typen, an die sich die sächsische und sachsen-anhaltinische CDU im August 2017 heranrobbt, mit ihnen in den Landtagen kooperiert.

[….] Özoğuz, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, hatte im Mai in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel geschrieben, eine spezifisch deutsche Kultur sei, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar. Gauland griff diese Textstelle bei einem Wahlkampfauftritt im thüringischen Eichsfeld auf. "Das sagt eine Deutschtürkin. Ladet sie mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können." [….]

Natürlich will sich Gauland nicht entschuldigen.
Seine Strategie ist mustergültig aufgegangen. Einmal braun blinken und dafür tagelang kostenlose Wahlwerbung für die AfD, die prompt von acht auf zehn Prozent anstieg.
Die TV-Sender reagierten sofort, rutschten auf die Knie und begannen dem AfD-Spitzenkandidaten den Hintern zu küssen.

[….] Vielleicht müssen wir Journalisten neu lernen, dass man einen Text durchaus auch mal beginnen kann mit den drei Wörtern: Das ist falsch. Wenn einer den Klimawandel oder die Evolution leugnet oder mit Lügen gegen Minderheiten hetzt, darf man darüber nicht nur berichten, sondern muss dazu senden oder schreiben: Das ist eine Erfindung.
Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber niemand hat das Recht auf eigene Fakten. Es wird überlebenswichtig sein für die Demokratie, eine Lüge wieder eine Lüge zu nennen. Wenn jemand behauptet, die Erde ist eine Scheibe, darf die Schlagzeile eben nicht sein: "Streit über die Form der Erde".
Wenn so schamlos und kalkuliert gelogen wird, könnte man auch über die beliebten "Er-sagt-Sie-sagt"-Formate im Fernsehen noch einmal nachdenken. Es ist nicht die Aufgabe von Journalismus, zu allem ausgewogen zwei Seiten zu präsentieren. Die Wahrheit liegt nicht immer in der Mitte. Lüge und Wahrheit, Fälschung und Original, Bullshit und Information, Sachaussagen und Beleidigungen dürfen nicht gleich behandelt werden. Nachrichtliche und kommentierende Formen, Unterhaltung und Ernsthaftes müssen in gefährlichen Zeiten wieder deutlich unterscheidbar gemacht, Quellen sorgfältig benannt werden. "Das Netz sagt" ist das Gegenteil einer Quellenangabe.
Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung - aber nicht auf eigene Fakten
Und dann, und natürlich und überhaupt, die Begrifflichkeit. Ein Politiker, der lügt oder Falsches behauptet, ist kein Populist. Er ist ein Lügner. Es gibt auch keine Altparteien, keine Traditionsmedien, keine liberale Umerziehungselite, keine Diktatur der Toleranz, was bitte sollte das alles sein? [….]

Frank Plasbergs „Hart, aber fair“, welches ich unbegreiflicherweise mal zu WDR-Zeiten schätzte, shame on me, lud gestern natürlich Herrn Gauland ein.

Erbärmlich, erbärmlicher, Plasberg.
 Frank Plasberg macht sich wieder einmal zum willigen Helfer der Ultrarechten.
Kaum haut einer von denen einen widerlichen Nazispruch raus, buckelt ein ARD-Talkshowmaster und rollt ihm den roten Teppich aus. Sorgt dafür, daß Gauland/Storch/Petry noch viel mehr Medienpräsenz bekommen und kostenlos ordentlich Wahlwerbung für sich machen können.
Shame on you, Plasberg.

[…] "Und nach dem was Gauland am Samstag auf einer Wahlkampfveranstaltung gesagt hat, hätte die Sendung jetzt auch schlicht "Wie umgehen mit Gauland?" heißen können. In Thüringen nämlich hatte der sich die "Entsorgung" der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, nach Anatolien gewünscht.
Gauland sitzt jetzt in der Plasberg-Sendung neben der Jungwählerin Julie Christin Göths, den beiden Außenpolitikern Norbert Röttgen (CDU) und Jürgen Trittin (Grüne) sowie der Ex-ARD-Korrespondentin Ina Ruck. Plasberg hätte ahnen können, dass es jetzt mitten im Bundestags-Wahlkampf erstmal nicht um Trump, Putin und Erdoğan gehen würde. Nicht wenn Gauland auf seiner Bank sitzt. Er ließ es laufen. Und brachte damit einmal mehr das Katz-und-Maus-Spiel zur Aufführung, das Gauland erwiesenermaßen vortrefflich beherrscht." [….]

Merkel macht brutale menschenfeindliche Abschottungspolitik wie sie die AfD lange forderte, aber Gauland und Weidel sind inzwischen so NPD, daß aus ihrer Sicht Merkel immer noch eine liberale Deutschenfeindin ist.

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