Mittwoch, 10. Dezember 2014

Amerikanische Dialektik


So sehr ich immer für die Grautöne plädiere, also eine differenziertere und hintergründigere Betrachtung der Dinge anmahne, so gibt es auch Angelegenheiten, die tatsächlich streng schwarz-weiß zu sehen sind.

Man ist nie „ein bißchen schwanger“; es geht nur ganz oder gar nicht.

Ralf König beschrieb sehr verwundert einen Leitartikel aus David Bergers „Männer“, in dem den auffälligen queeren Gestalten eine Mitschuld an der Homophobie zugeschoben wurde. Sollen die sich doch etwas bürgerlicher und angepasster verhalten, dann würden sie auch nicht verfolgt.

Auch das ist ein grundsätzlicher Irrtum. Homophobie ist NIE zu rechtfertigen. Sie ist eben nicht wenigstens ein bißchen zu rechtfertigen, wenn es „nur“ eine ganz besonders schrille Tunte trifft.

Vor ein paar Tagen zettelte ich einen Streit mit den Putin-Freunden an, weil sie wiederholt rassistische Obama-Bilder herumreichten, auf denen der US-Präsident mit Bananen gefüttert und als Affe verunglimpft wurde.
Natürlich könnte ich abendfüllend ausführen welche politischen Aktionen Obamas ich für katastrophal falsch halte. Aber all das rechtfertigt dennoch keine Attacken ob seiner Hautfarbe. Auch nicht ein bißchen, wenn er gerade etwas besonders blödes getan hat.
Aber auch hier wurde schnell argumentiert, so wild wäre das alles nicht, das sei gar kein richtiger Rassismus und im Übrigen habe er ja selbst schuld, wie eben auch die Schwulen an der Homophobie und die Juden am Antisemitismus.



Ich sehe das diametral anders. Antisemitisch, homophob, xenophob oder rassistisch zu argumentieren ist NIEMALS  gerechtfertigt.
Dabei gerät man auf eine ganz schiefe Bahn.

Damit bin ich bei der CIA-Folter, die von der mutigen 81-Jährigen Dianne Feinstein gegen den erbitterten Widerstand der GOP nun doch noch auszugsweise veröffentlicht wurde.
US-Politiker sind eben nicht alle gleich und nicht alle käuflich. Es macht schon einen Unterschied ob man Demokraten oder Republikaner wählt.
Auf die unfassbaren Grausamkeiten, die George W. Bushs Leute anzettelten, will ich nicht noch mal eingehen – das ganze Internet ist voll von den Abartigkeiten, die wir uns seit der Abu Ghraib-Bilder leider ohnehin vorstellen können.

Viele Passagen in dem Folterbericht zur CIA sind geschwärzt - doch was man lesen kann, ist entsetzlich genug: Gefangenen wurden Schläuche zur Zwangsentleerung eingeführt, sie wurden in Eiswasser gesteckt, anal penetriert. [….]

Auch Folter ist eine schwarz-weiß-Angelegenheit. Sie ist nicht zu rechtfertigen. Punkt. Schande über Amerika!

Die ganze Erbärmlichkeit der zutiefst christlichen Bush-Administration wird deutlich, indem sie noch heute moralische Rechtfertigungen finden. Dabei sagt der Feinstein-Bericht gerade aus, daß Folter NICHT zu irgendwelchen Ergebnissen geführt habe.
Aber selbst wenn es so wäre: Folter darf nicht praktiziert werden.

Auch, wenn ich von den GOPern wirklich NICHTS Gutes erwarte, ist es immer noch brechreizerregend wie diese moralischen Untermenschen heute die kriminell-brutalen Machenschaften der CIA loben.

Unmoralisch und brutal – das ist das eine.
Eine andere Erkenntnis ist aber, daß die Dummheit der Republikaner unermesslich ist. Nach all den Jahren haben sie immer noch nicht begriffen welchen katastrophalen Schaden sie angerichtet haben.

Dass Amerikas Ansehen in der Welt heute auf einem historischen Tiefstand ist, ist nicht die Schuld "der Islamisten" oder "der Anti-Amerikanisten" in Europa oder anderen Teilen der Welt. Schuld ist vor allen anderen Amerika selbst. Es ist das Werk von Regierungsbehörden wie CIA und NSA, die Menschen folterten und ein Überwachungssystem errichteten, das einer freien Gesellschaft unwürdig ist. Ob sie dies im expliziten Auftrag der Regierung taten oder im Laufe der Jahre ein Eigenleben entwickelten und ihrer Regierung einzelne Vorfälle verschwiegen, ist dabei sekundär. Die geistigen Väter der Eskapaden waren Präsident George W. Bush und sein Vize Dick Cheney.
Es mag schlichteren Gemütern als Zumutung erscheinen, aber: ein Staat, der die Werte der Freiheit proklamiert und daraus für sich eine Führungsrolle in der Welt reklamiert, muss auch Verbrecher anders behandeln als Schurkenstaaten dies tun. Erst darin zeigt sich wahre Größe und Überlegenheit. Die USA haben dies nach dem 11. September 2001 vergessen.

Ach ja, eins noch:
Daß Obama eine strafrechtliche Verfolgung seines Amtsvorgängers kurz nach seiner Amtsübernahme verhinderte, ist auch eine dieser vielen, vielen Fehlleistungen des gegenwärtigen US-Präsidenten.

Nach Veröffentlichung des CIA-Folterberichts fordert amnesty international jetzt eine Bestrafung der Verantwortlichen. Bereits 2008 hatte Monitor darüber berichtet, dass einige zum Teil hochrangige Juristen George W. Bush nach seinem Ausscheiden aus dem Amt den Prozess machen wollten. Mord, Folter und Kriegsverbrechen sollte die Anklage lauten, weil die Regierung Bush wie kaum eine ihrer Vorgänger das Völkerrecht gebogen und gebrochen habe.

Hier gehören einige Politiker dringend hinter Gitter!

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