Und
schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den
Blödmann des Monats zu küren.
Und zur
Impudenz des Monats küre ich hiermit die deutsche und europäische Indolenz
gegenüber Flüchtlingen.
Das
UNHCR, die „UN Refugee Agency“, agiert nicht im Verborgenen. Das ungeheuerliche
Ausmaß des Flüchtlingselends ist durchaus in den Medien präsent.
Die UNHCR
Hilfsprogramme werden hauptsächlich durch freiwillige Beiträge von Regierungen,
dem UN-Nothilfefonds CERF aber auch von Stiftungen und Privatpersonen
finanziert. UNHCR ist weltweit in 120 Ländern tätig und arbeitet dabei mit
UN-Partnern, Regierungsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen
zusammen. […] Derzeit
befinden sich weltweit fast 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht. 16,7
Millionen von ihnen gelten nach völkerrechtlicher Definition als Flüchtlinge.
Neun von zehn Flüchtlingen (86 Prozent) leben in Entwicklungsländern, da die
meisten Flüchtlinge lediglich in ein angrenzendes Nachbarland fliehen.
Den weit größeren Teil
– 33,3 Millionen – bilden jedoch sogenannte Binnenvertriebene (Internally
Displaced Persons – IDP). Sie fliehen innerhalb ihres eigenen Landes, ohne
dabei internationale Landesgrenzen zu überschreiten.
Während
man in Deutschland gemütlich auf Weihnachtsmärkten mit Glühwein schunkelt und
Zimtsterne frisst, verelenden, hungern und frieren Millionen.
(Samstag
gesehen bei Butter-Lindner Hamburg-Winterhude: ZWEI ZIMTSTERNE für sieben
Euro!, 20 Dominosteine für 32 Euro)
Natürlich
hilft es keinem darbenden Kleinkind mit Blähbauch im Kongo, wenn wir uns einen
Glühwein weniger leisten oder griesgrämig die Weihnachtsmärkte umgehen.
Aber
gerade das Geprasse zu Weihnachten macht deutlich, daß es der westlichen Welt
ein leichtes wäre, genügend Mittel bereit zu stellen, damit wenigstens nicht
die Menschen anderswo elend verhungern.
Ich
grusele mich dabei zu lesen um welch vergleichsweise geringe Summen das UNHCR
kämpfen muß.
Rund um
das IS-Gebiet steht eine gigantische humanitäre Katastrophe bevor, weil viele Millionen Menschen völlig ohne irgendwelche Hilfsgüter, ohne
Schuhe, ohne Decken Minus-Temperaturen trotzen müssen. Um die
Menschen zu versorgen fehlen lumpige 50 Millionen Euro. Das ist gerade mal ein
Drittel der Summe, die Sylvester in Deutschland für Böller ausgegeben wird.
Angesichts der Kürze
der Zeit und der fallenden Temperaturen müssten die Hilfsgüter unverzüglich zu
den am meisten betroffenen Menschen gebracht werden, so UNHCR-Regionaldirektor Amin Awad.
Nach neuesten
Schätzungen mussten seit Januar zwei Millionen Menschen ihre Heimatregion verlassen. Mehr als 60.000 leben in einem von
insgesamt acht Camps. Zudem befinden sich weitere Camps im Aufbau, die 300.000
weitere Menschen aufnehmen können. Momentan leben rund 700.000 Menschen in
unfertigen oder verlassenen Gebäuden, Schulen, religiösen Zentren oder sogar in
Parks.
UNHCR, die irakische
Zentralregierung, die Regionalregierung der kurdischen Gebiete sowie dutzende
Hilfsorganisationen versuchen, sichere und warme Unterkünfte für die
Flüchtlinge und Vertriebenen bereitzustellen. Die Herausforderungen sind jedoch
riesig. Für jene, die nicht in ein Camp ziehen können und ohne entsprechende
Unterkunft sindt, versucht UNHCR zusammen mit anderen Organisationen
zusätzliche Lösungen für den Winter zu finden.
Die finanziellen
Mittel reichen jedoch weiterhin nicht aus. Bislang hat UNHCR erst weniger als
die Hälfte der benötigten 110 Millionen Dollar für den Winterschutz erhalten.
15.000 weitere Kälteschutzsets werden benötigt, um die geplanten 40.000
Familien zu versorgen.
Nur zum
Vergleich: Die FAS berichtete gestern, daß Frau von der Leyen nun alle Flugbeschränkungen des Hubschraubers NH90 aufhob, obwohl viele Piloten der Bundeswehr an der
Zuverlässigkeit zweifeln, nachdem einige von den Dingern fast abgestürzt sind.
Der
Kriegsministerin ist das egal und so verkündete sie insgesamt 190 Hubschrauber
der Typen NH90 und Tiger für 8,5 Milliarden
Euro zu bestellen.
(Mal
kurz rechnen:
8,5 Milliarden Euro = 8500 Millionen Euro = 10.599 Millionen Dollar.
8,5 Milliarden Euro = 8500 Millionen Euro = 10.599 Millionen Dollar.
10.599
Millionen Dollar : 50 Mio Dollar = 212.
212 mal
die Summe, die es benötigt, um Millionen Hungernde und Frierende durch den
Winter zu bringen, haut von der Leyen für Rumpelhubschrauber raus, welche die
Bundeswehrpiloten gar nicht fliegen wollen.)
Flüchtlingshelfer
beschreiben dramatische Umstände, unter denen syrische Vertriebene im Libanon,
in Jordanien, der Türkei und im Nordirak leben: Kinder, die barfuß durch
knöcheltiefen Schlamm laufen. Familien, die in kargen, kalten Rohbauten leben.
Männer und Frauen, die keine Decken, keine wärmende Kleidung besitzen. Auf der
Flucht vor Tod und Zerstörung haben viele bereits großes Leid erfahren. Und nun
steht das nächste Problem bevor: der Winter. […]
In den vergangenen
Jahren war dieser noch relativ mild, nun erwarten Meteorologen und
Flüchtlingshelfer deutlich härtere Witterungen. "Die Temperaturen werden
hier bald unter null Grad fallen, dann wird es schneien", sagt Susanne
Carl von der Hilfsorganisation Humedica, die im Libanon stationiert ist. Für
manche Regionen werden sogar minus 16 Grad erwartet. Mehr als drei Millionen Menschen sind vor
Bürgerkrieg und Terror des "Islamischen Staats" in die Nachbarstaaten
Syriens geflohen. […]
Susanne Carl von Humedica ergänzt: "Öl,
Gas, Decken und Winterkleidung, Schuhe - es fehlt an allen Ecken und Enden. Die
Lage ist katastrophal."
Vor allem fehlt Geld:
Das Flüchtlingswerk schätzt, dass es eine Finanzierungslücke von 58 Millionen
US-Dollar gibt - trotz bereits investierter 154 Millionen US-Dollar. […] Die Hilfe für die Flüchtlinge muss schnell erfolgen, sonst könnte es
womöglich zu der von Entwicklungsminister Gerd Müller auf der
Flüchtlingskonferenz in Berlin Ende Oktober prophezeiten
"Jahrhundertkatastrophe" kommen. Auch UNHCR-Regionaldirektor Amin
Awad drängt: "Die Zeit wird knapp." […]
Und mit
einem einzigen Hubschrauber weniger für die Bundeswehr wäre das Problem
behoben.
Die
Deutschen mögen aber keine Ausländer und verweigern sich der ökonomischen
Erkenntnis, wie dringend sie in Deutschland gebraucht werden und wie
segensreich ihr Wirken hier ist.
Humanitären
oder ethischen Überlegungen verschließt man sich zwischen Flensburg und
Bodensee erst recht.
Kaum steigt die Zahl
der Flüchtlinge, zeigt der hässliche Deutsche wieder seine ausländerfeindliche
Fratze.
[…]
Im beschaulichen Kneippkurort Bad
Schandau haben empörte Deutsche am Ortseingang ein Schild aufgestellt:
"Bitte flüchten Sie weiter, es gibt hier nichts zu wohnen!" Das ist
Sachsen, Ostdeutschland. In Dresden demonstrieren die Menschen jetzt immer
montags - ausgerechnet - gegen Ausländer. Motto: "Patriotische Europäer
gegen Islamisierung des Abendlandes." Inzwischen sind es ein paar Tausend,
die kommen.
Der CDU-Innenminister
Markus Ulbig sagt: "Ich denke, man kann bei dieser Konstellation nicht
pauschal gegen Demonstranten sein, die ihre Meinung sagen." Er hat so viel
Verständnis für deutsche Vorurteile, dass er seine Polizei sogar angewiesen
hat, spezielle Einheiten einzurichten, die ausdrücklich für straffällige
Asylbewerber zuständig sind.
So sieht es nicht nur
in der ostdeutschen Provinz aus. Egal ob die Flüchtlinge im vornehmen
Hamburg-Harvestehude untergebracht werden sollen oder im ärmlichen
Berlin-Marzahn: Die Deutschen formieren sich zum Widerstand.
Plötzlich sieht man:
Das liebenswürdige Volk, das die Deutschen beim fröhlichen Fußballgucken so
gern der Welt zeigen, kann immer noch ganz anders. Eine Studie der
Friedrich-Ebert-Stiftung hat gerade festgestellt, dass fast die Hälfte der
Deutschen eine schlechte Meinung von Asylsuchenden hat und der Ansicht ist,
dass Asylbewerber ihre Notlage nur vortäuschen, um Leistungen in Deutschland zu
erschleichen. Und wenn ein Asylbewerberheim in ein altes Hotel am See einziehen
soll, wie im schönen Bautzen, dann wählen gleich 15 Prozent der Leute die AfD
und elf Prozent die NPD.
[…]
Springers "Welt", einst
Fachblatt für Vertriebene, heute Fanzine der neuen Rechten, schreibt, dass
Europa schon "mit seinen hausgemachten Problemen nicht fertig" werde,
der Euro sich seiner Belastungsgrenze nähere, die Wirtschaftsleistung sinke und
die sozialen Spannungen zunähmen. Zynische Schlussfolgerung: "Das Problem
der Flüchtlinge sollte dort gelöst werden, wo es generiert wurde - nach dem
Verursacherprinzip." […]
In Deutschland blühen Antisemitismus und Xenophobie. Asylunterkünfte werden
angegriffen, Flüchtlingsheime bekämpft, Migranten dutzendfach ermordet.
Man ist
aber nicht überrascht. Spätestens seit dem Jubel über Deutschlands Vereinigung
1989/90 kennt jeder die Bilder von den brennenden Asylbewerberheimen von
Rostock und Hoyerswerda.
[…]Helmut Kohl argumentiert […] Gorbatschow habe den Mauerfall bewirkt,
nicht kettenrauchende Bürgerrechtler. Wer sich an die Namen Reagan und
Gorbatschow hält (und David „Looking for Freedom“ Hasselhoff würde hier
vermutlich noch seinen eigenen einfügen), der muss den Mantel der Geschichte
nicht mit Bärbel Bohley oder Zonen-Gaby teilen. Ein bisschen undankbar ist das
zumindest letzterer gegenüber, denn die hat ihn, Kohl, immerhin dann noch neun
lange Jahre an der Macht gehalten.
[…]
Und seit wann war Zonen-Gaby überhaupt in
der Welt, so als Synonym für den Jeansjacken-Trottel aus dem Osten, der nach
Bananen geifert und Gurken angedreht bekommt.
[…]
Denn dies ist der Moment, in dem der hoch
und freiheitlich gesonnene Bürgerrechtler praktisch bis zur Präsidentenwahl
Joachim Gaucks seitlich von der Bühne tritt und dem hässlichen Jammer-Ossi
Platz macht, der nicht mit Messer und Gabel essen kann (Kohl über Merkel) und
dem Land, das sich schon fast selbst für Frankreich oder wenigstens Italien
hielt, einen deutschtümelnden Rechtsruck beschert, der ihm bis heute in den
Knochen steckt. Aus den Ostdeutschen, die mit Kerzen in der Hand eine
Staatsmacht über den Haufen rennen, werden Ossis, die mit Knüppeln in der Hand
vor den Asylbewerberheimen aufmarschieren.
[…]
Man würde auf der anderen Seite aber auch
noch einmal betrachten können, wie nach dem Mauerfall die Neonazikader zum
Aufbau der Strukturen aus Westdeutschland eingependelt kamen wie sonst nur die
Leihbeamten und die Herren von der Treuhand. Es würden auch, nur zum Beispiel,
noch einmal die Plakate auftauchen, auf denen CDU-Wähler im niedersächsischen
Landtagswahlkampf von Helmut Kohl fordern, dass als Nächstes auch die
Oder-Neiße-Grenze fällt. Man könnte die Ängste vor dem Rechtsruck noch einmal
besichtigen, die Ängste in der DDR vor dem Rechtsruck aus dem Westen. […]
Und
nein, natürlich sind nicht nur die Deutschen so unfreundlich indolent
angesichts des Flüchtlingselends.
Auch
Papst Franz, der mit dem Finger auf andere zeigt, aber nicht auf die Idee kommt seine Bischöfe in aller Welt
anzuweisen mit ihren gewaltigen Finanz- und Immobilienschätzen auch den ein
oder anderen Flüchtling aufzunehmen, geht mit schlechtesten
Beispiel voran.
Der
Vatikan, als der Staat mit dem höchsten Prokopf-Einkommen der Welt nimmt keinen
einzigen Flüchtling auf.
Der Vatikan bietet
kein Asyl
Dabei nimmt der
Vatikan selbst keine Einwanderer auf.
[…]
Papst Franziskus verlangt Solidarität mit
Flüchtlingen. Im Europäischen Parlament mahnte er diese Woche, das Mittelmeer
dürfe „nicht zu einem großen Friedhof werden“; die Männer und Frauen, die
täglich auf Kähnen an Europas Küsten landeten, brauchten „Aufnahme und Hilfe“. […]
Doch gibt es nur einen Staat in Europa, der
bisher keinen einzigen Flüchtling aufgenommen hat: den Vatikan selbst. Er hat
weder ein Asylrecht noch eine Anlaufstelle für Asylsuchende. Geschweige denn
ein Flüchtlingsheim.
[…]
Pater Gabriele Bentoglio ist
Untersekretär im päpstlichen Rat für die Migranten. Er sagt, seine Aufgabe
bestehe nicht darin, Flüchtlingen direkt im Vatikan zu helfen. […] Zur Zeit des „Dritten Reichs“ fanden
Hunderte bedrängte Menschen dank der Kirche in Rom Schutz. […] Der deutsche Campo Santo, der Friedhof und
die Gebäude der Bruderschaft, wo zu jener Zeit der irische Priester Hugh
O’Flaherty viele Flüchtlinge verbergen konnte, liege zwar im Schatten von Sankt
Peter, sei aber exterritorial.
Ein solches
exterritoriales Gebiet des Vatikans am Stadtrand von Rom ist auch Sankt Paul
vor den Mauern. Dort beantragten im Frühling 2011 ein paar Dutzend obdachlose
Roma Asyl. Der Vatikan wies sie zurück. […]
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