Samstag, 13. Dezember 2014

Schlechte Nachrichten-Pause


Diese Woche war großer Mist.
Die Nachrichten waren nicht nur schlecht im Sinne von Tragödien, Katastrophen, Unglücken, Krieg, Mord und Todschlag.
Es waren eher die auf den Magen schlagenden Nachrichten, bei denen man sich vor Ekel den Bauch halten mußte.

Zeit für eine positive Meldung.
Und dafür gucke ich immer noch gerne nach Holland, auch wenn Jakes Freund Geert Wilders meiner These vom liberalen Land an der Nordseeküste irgendwie widerspricht.
Ich glaube dennoch, daß die Niederländer im Durchschnitt nicht so tumb-reaktionär wie Deutsche sind.
Anyway. Die guten Nachrichten kommen aus dem religiösen Bereich. Die Niederländer sind das am wenigsten religiöse Volk Europas. Über die Hälfte der Bevölkerung ist völlig konfessionslos, ein Viertel ist katholisch und etwa 15 % bekennen sich zu einer protestantischen Kirche.
Des Papstes Mannen gaben sich allerdings im 20. Jahrhundert auch besonders abschreckend.
Rückblick:

Henk Heithuis wurde 1935 in Holland geboren. 
Da seine Eltern sich scheiden ließen, galt er wie Hunderttausende andere Leidensgenossen als Fall für ein Kirchliches Erziehungsheim.

14-Jährig schickte man ihn in das von katholischen Mönchen geführte Vincentius-Stift in Harreveld. 

Über einen Zeitraum von drei Jahren vergewaltigten die katholischen Ordensleute den Jungen.

1956, mit gerade mal zwanzig Jahren, brachte Henk Heithuis einen für die damalige Zeit unglaublichen Mut auf; einen Mut, der auch heute noch selten vorkommt. 
Er stellte sich gegen die katholischen Autoritäten, ging zur Polizei und zeigte die Mönche wegen Vergewaltigung an.

Die Polizei wandte sich an die Kirche, welche sofort den Spieß umdrehte und behauptete, der Junge habe die Mönche verführt.
Man glaubte selbstverständlich der Kirche und schickte den nach damaligen Recht Minderjährigen Heithuis in die römisch-katholische Psychiatrie Huize Padu. 
Dort diagnostizierte man ihn als „homosexuell und pervers“ und ließ ihn auf Befehl des Bischofs im St. Joseph-Krankenhaus in Veghel kastrieren - und zwar so, daß Hodensack und Penis komplett entfernt wurden.

Wenig überraschend litt Heithuis daraufhin schwer an den psychischen Folgen. 
1957 erstattete der junge Mann erneut Anzeige gegen die Kirche; diesmal wegen der Kastration. 
Unter mysteriösen Umständen kam er bald darauf bei einem Autounfall ums Leben.

 Seine Leidensgeschichte hatte er dokumentiert.
Die Polizei beschlagnahmte und vernichtete seinen gesamten persönlichen Besitz und seine Prozessunterlagen noch am Todestag. Heithuis hatte selbst stets von seiner Furcht gesprochen, dass „sie mich wieder zu packen kriegen“
(Wikipedia)

Henk Heithuis ist kein Einzelfall in der römisch-katholischen Kirche der Niederlande. Insgesamt mindestens zehn Jungs ließ die Kirche kastrieren.

Es war schlimm genug, was ein Untersuchungsbericht im vergangenen Jahr über Missbrauchsfälle durch katholische Geistliche in den Niederlanden festhielt. Zwischen 1945 und 1981 wurden 10000 bis 20000 Jugendliche in Einrichtungen der katholischen Kirche sexuell missbraucht, etwa 1000 Minderjährige wurden vergewaltigt. Inzwischen weiß man, dass der ausführliche Bericht der sogenannten Deetman-Kommission längst nicht alle Grausamkeiten jener Zeit erfasste, als das Leben der Niederländer noch felsenfest auf den Säulen der Kirchen ruhte. Offenbar ließ die katholische Kirche auch mehrere homosexuelle Jungen kastrieren, um sie von ihrer vermeintlichen Krankheit zu 'heilen'.
In den fünfziger und sechziger Jahren erteilten Kirchenvertreter Chirurgen den Auftrag, nicht nur schwule Männer, sondern auch Jungen zu entmannen. Das hätten Wissenschaftler bei einer Anhörung des Parlaments bestätigt, berichtete das NRC Handelsblad. Ein Professor für Medizingeschichte sagte, ein Chirurg habe ihm erzählt, er sei von einem Bischof, 'der übrigens noch lebt', zu solchen Kastrationen aufgefordert worden. Einem zweiten Historiker zufolge schickten Priester schwule Jungen nach dem Beichtgespräch zum Chirurgen. Man wisse nicht, um wie viele Fälle es sich handele, doch könne es eine 'nicht ungewöhnliche' Praxis gewesen sein.
[…] Schockierend für die Abgeordneten ist, dass viele der damaligen Vorkommnisse den Gesundheitsbehörden und der Justiz bekannt waren, aber nichts unternommen wurde. Kürzlich war die Staatsanwaltschaft in Archiven zufällig auf bisher unbekannte Akten gestoßen, die den sexuellen Missbrauch durch Geistliche in den fünfziger Jahren belegen. All dies fand ebenso wenig Eingang in den Deetman-Bericht wie die Rolle des christdemokratischen Premiers Vic Marijnen (1917 - 1975). Der leitete das Internat, in dem man Heithuis kastrierte, und erwirkte offenbar Straffreiheit für Brüder, die des Missbrauchs beschuldigt waren.

An Henk Heithuis erinnert (noch) keine Stiftung. 

Dem Ratzinger-Vatikan ist sein Schicksal egal. [....]

Anders und schneller als in anderen Ländern, ziehen die Niederländer Konsequenzen.

Das spürt jetzt auch der wichtigste Vertreter Roms vor Ort.
Willem Jacobus Kardinal Eijk (*1953), Erzbischof der mit 750.000 Seelen größten Niederländischen Katholen-Gemeinde Utrecht kommt kaum noch hinter damit seine Kirchen zu zumachen.

Erzbistum rechnet mit 94% weniger Gotteshäusern
Das niederländische Erzbistum Utrecht geht von einem starken Rückgang bei der Zahl von Kirchen und Gemeinden aus.
Statt der heute 300 Gotteshäuser werde es in 15 Jahren wohl nur noch 20 geben, schreibt Kardinal Wim Eijk […]  In diesem Jahr wurden bereits 14 Kirchengebäude geschlossen. […] Eijk geht in seiner Prognose davon aus, dass die "Entkirchlichung" noch schneller voranschreitet als bisher. Zwischen 2007 und 2011 hatte das Erzbistum die Zahl seiner Kirchengemeinden durch Fusionen bereits von 326 auf 48 reduziert. […] (epd 11.12.14)


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