Gerade fand ein Block-CDU-Parteitag in Köln statt.
Ganz im
Stile der großen Vorsitzenden fanden keine Diskussionen statt. Alle strittigen
oder gar heiklen Themen wurden schon vorher von der Parteiführung abgeräumt.
Bei den
Vorstands- und Präsidiumswahlen gab es keinerlei Überraschungen; alle wurden so
wie von der großen Vorsitzenden gewünscht in ihre Ämter gesetzt. Die große
Vorsitzende hatte selbstverständlich keinen Gegenkandidaten und kam auf ein
Ergebnis, das auch Honecker gefallen hätte: 97%.
Angela
Merkel findet innerparteiliche Demokratie gut! Aber eben eher für andere
Parteien. Nicht in ihrer CDU. Da läßt man lieber die Hände von so einem
anarchischen Teufelszeug.
Die
große Vorsitzende sicherte sich ihre zehn Minuten Standing Ovations mit einer
Attacke auf den sozialdemokratischen Koalitionspartner:
Wie klein wolle sich die SPD eigentlich noch machen?
Wie klein wolle sich die SPD eigentlich noch machen?
Das saß.
Der Saal tobte.
R2G in Thüringen ist ein großes Geschenk an die CDU; nämlich das perfekte Ablenkungsmanöver
für eine vollkommen inhaltsleere Beliebigkeitspartei, die dem Machterhalt alles
unterordnet.
Es
stimmt schon; weite Teile der Bevölkerung haben einen massiven
Merkel-Fetischismus entwickelt und hängen ihr entzückt an den Lippen, wenn sie gar
nichts sagt und gar nichts tut.
Sie sind
verliebt ins Phlegma, huldigen dem Stillstand.
Fals
Merkel allerdings irgendwann keine Lust mehr haben sollte, kann die CDU gleich
zu machen.
Ihre Basis
ist bereits völlig erodiert.
Sie
stellt nur noch vier von 16 Ministerpräsidenten und regiert in weniger
Bundesländern als die Grünen!
Die SPD hingegen sitzt in allen Landesregierungen – außer Hessen und Bayern. 14 von 16.
Die SPD hingegen sitzt in allen Landesregierungen – außer Hessen und Bayern. 14 von 16.
Von den
20 größten Städten Deutschland regiert die CDU gerade noch eine! Damit kommt
die Kanzlerinnenpartei auf dieselbe Stadtregierungsquote wie die Grünen: 1 von
20.
Zum
Vergleich: Die SPD stellt 18 der 20 größten Stadtregierungen.
Jenseits
der Kölner Rhetorik, die sich als bloßes Gehabe entpuppt, blickt die CDU in
eine ganz düstere Zukunft.
Nur so
ist ihre geradezu hysterische Reaktion auf den Machtwechsel in Thüringen zu
verstehen.
Nach 24
Jahren Dauerregierung dachte die Erfurter CDU offenbar, sie würde für immer
regieren und konnte es nicht fassen, daß auf einmal keine Mehrheit mehr da war.
Aber so
ist das mit der Demokratie. Die Parteifarbe des Regierungschefs mag einem nicht
gefallen, aber wenn er eine Stimmenmehrheit hat, muß man sich bis zu den
nächsten Wahlen damit abfinden.
Ramelow
hat seine absolute Mehrheit im Landtag bekommen; Lieberknecht nicht. Simple as
that. Deal with it, CDU!
Für
demokratische Fairness ist die CDU aber nicht zu haben.
Sie
spielt immer mit gezinkten Karten. Normale demokratische Abläufe sind ihr
zuwider.
Als
Helmut Schmidt um 1981 dämmerte, daß seine Regierung vielleicht in finale
Schwierigkeiten geraten könne, verfügte er einen totalen Beförderungs- und
Verbeamtungsstopp.
Es
sollte noch nicht einmal einen Hauch des Eindrucks erweckt werden, man würde
auf den letzten Drücker noch Parteifreunde mit Posten versorgen.
Als Kohl
Kanzler wurde, traf sich Schmidt mit ihm, übergab seine geheimen Aufzeichnungen
und unterrichtete ihn über alle wesentlichen Vorgänge.
Das
diametrale Gegenteil bei der Abwahl Kohl im Jahr 1998. Diesmal ordnete der noch
amtierende Kanzler die sogenannten „Bundeslöschtage“ an. Über eine Woche lang
waren alle Mitarbeiter nur mit Schreddern beschäftigt. Nichts, aber auch gar
nichts sollten grüne oder Sozen-Minister erfahren. Natürlich wurden alle
Kohl-Getreuen mit fetten Beamtenjobs versorgt und noch nicht mal den Kanzlerbungalow
überließ Kohl seinem gewählten Nachfolger Schröder.
Er blieb
einfach drin wohnen.
Diese
dem Wesen der Demokratie diametral widersprechende Auffassung, nämlich den
politischen Wechseln mit allen Mitteln zu verhindern, legte erst recht die
Thüringer CDU an den Tag.
Keine Zornesblitze
fuhren auf Bodo Ramelow nieder, den „verirrten Christen“, wie er noch am
Donnerstagabend auf der Angstdemo gegen Rot-Rot-Grün genannt wurde. Der Dom und
die Severikirche thronen auch nach seiner Wahl zum ersten linken
Ministerpräsidenten weiterhin auf ihrem Hügel über Erfurt, und das Abendland
ist nicht untergegangen.
So hätte es eigentlich
kommen müssen, hätte man dem Zweckpessimismus von Alt-Ministerpräsident
Bernhard Vogel (CDU) oder Teilen der Wirtschaft geglaubt. Es half auch nicht,
dass mit Schmähanrufen, Drohmails oder Anschlägen auf Abgeordnetenbüros jeder
demokratische Boden verlassen wurde. Und die Thüringer Allgemeine suchte
vergeblich nach jedem Haar in der rot-rot-grünen Suppe, räumte zuletzt noch
einem wahrnehmungsgestörten Rentner namens Wolf Biermann enormen Platz ein.
(Michael
Bartsch, taz, 05.12.14)
Zum Schaden des ganzen Landes taten
CDU-Minister alles, um die Nachfolgeregierung möglichst zu sabotieren und die
Arbeitsabläufe unmöglich zu machen. Lieberknechts Leute betrachten die
Regierung und das Land offenbar als Parteieigentum, auf das niemand anders
Zugriff haben darf.
Die rot-rot-grünen
Minister fühlen sich ein wenig von den früheren CDU-Kabinettsmitgliedern
sabotiert.
[…] Im
Umweltministerium. Der bisherige Amtsinhaber Jürgen Reinholz war nicht
erschienen, um seine Nachfolgerin Anja Siegesmund (Grüne) zu begrüßen. Der
Christdemokrat sah sich offenbar nicht zu dieser Höflichkeit in der Lage,
nachdem ihn Siegesmund aus der Opposition hart attackiert hatte. Im Ministerbüro fand die Neue nichts vor.
Der Kalender leer, der Computer auch. Selbst die anstehenden Termine musste sie
sich erst einmal aus den Abteilungen besorgen.
Wolfgang Voß (CDU)
machte es anders. […]
Voß hatte ja auch seine kleinen
Gemeinheiten längst erledigt. Die Rücklagen in Höhe von 200 Millionen Euro
steckte er einfach in die Schuldentilgung, was Taubert in die peinliche Lage
versetzt, womöglich neue Kredite aufzunehmen und dies im sogenannten
Haushaltsvollzug zu tarnen. Zudem wurde der komplette Ministerstab in die
Fachreferate versetzt - weshalb in den Büros im Führungstrakt kaum jemand saß. Dies sei, sagte Taubert, "schon ein
unfreundlicher Akt", […] Dies
gilt auch für Ministerpräsident Bodo Ramelow und seinen Staatskanzleiminister
Benjamin Hoff: Zwar sind aufgrund der vielen Kabalen der Vergangenheit in der
Staatskanzlei fast alle Abteilungsleiterposten unbesetzt. Doch in ihrem näheren
Umfeld existiert kaum personeller Handlungsspielraum. […]
Das ist
aber alles noch harmlos gegen die dreckigen Tiefschläge, zu denen die
verkommene und Xenophobie-fördernde Sachsen-CDU griff.
Um ihre
Kumpel im Nachbarbundesland zu rächen, setzten sie nun die im Freistaat
offenbar alles andere als unabhängige Justiz in Gang.
Im prädemokratischen Sachsen ist das durchaus üblich. Auch Journalisten, die
kritische Fragen stellen oder Friedensaktivisten werden von der „Sachsensumpf“-Justiz
zur Raison gebracht. In Dresden ist die CDU-Regierung sakrosankt.
In
Dresden gibt es nicht nur myriadenfachen Humandreck auf den Straßen bei
Pediga-Demonstrationen, sondern auch in der regierenden
CDU.
In der
letzten Legislatur hatten CDU und FDP immer wieder auch für Anträge der NPD
gestimmt und stattdessen die gegen Nazis engagierten Linken verfolgt.
Daß nun
aber sogar versucht wird mit aus erkennbar parteitaktischen Überlegungen
mittels der hörigen Sumpf-Justiz eine andere Regierung zu stürzen, ist neu.
Anfang
2010, also vor fast fünf Jahren, hatte Ramelow in Dresden bei Protesten gegen einen
Aufmarsch der rechtradikalen "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland"
teilgenommen und wurde wegen einer angeblichen Sitzblockade gegen einen
Neonazi-Aufmarsch angezeigt.
Man
stellte das Verfahren wegen Geringfügigkeit ein. Aber unmittelbar vor seiner Wahl
zum MP „erinnert“ sich die Sachsenjustiz an den Fall und will Ramelows
Immunität aufheben lassen, um ihn erneut anzuklagen.
Engagement
gegen Nazis wurde in Sachsen schon lange scharf verfolgt.
[….] Ramelow
störte sich vor allem daran, dass der Antrag kurz vor seiner Wahl zum
Ministerpräsidenten gestellt wurde. "Ein Schalk, wer Böses dabei
denkt", sagte der Linken-Politiker der "Welt". [….] Linken-Fraktionschef Gysi kritisierte das
Vorgehen des Gerichts scharf. Der Antrag des Richters, die Immunität Ramelows
aufzuheben und das Strafverfahren fortzusetzen, zeige "eine politische
Motivation", sagte Gysi der "Welt". Der Richter hätte dies
monatelang tun können, sei aber erst zur Wahl der Ministerpräsidenten tätig
geworden.
Die
Linken-Bundesvorsitzende Katja Kipping warf der sächsischen Justiz vor, sie
führe "einmal mehr eine Posse auf". Es sei "ehrenwert und
Beispiel gebend", dass Ramelow gemeinsam mit Tausenden in Dresden
Zivilcourage gezeigt habe, sagte Kipping dem "Tagesspiegel" vom
Mittwoch. Zivilcourage sei kein Verbrechen. "Die Kriminalisierung
friedlicher Anti-Nazi-Proteste ist empörend", kritisierte die
Linken-Chefin.
[….]
(AFP 10.11.14)
Glückwunsch
Sachsen-CDU! Als im Zuge der Pediga-Proteste CDU-Innenminister Markus Ulbig eine Anti-Ausländer Taskforce einrichten ließ,
um den Rechtsextremen Zucker zu geben, obwohl er selbst zugeben mußte, daß
diese gar nicht kriminell wären, dachte ich schon, tiefer könne Merkels Partei
nicht mehr sinken.
Aber
weit gefehlt.
Die Welt steht kurz
vor dem Untergang, besonders akut ist die Gefahr im Osten Deutschlands. Wer das
noch nicht wusste, muss nur nach Sachsen schauen und nach Thüringen. In Dresden
gehen die selbsternannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes“ auf die Straße, die Pegida-Bewegung, wie sie sich selbst nennt.
Neben dem
vorbestraften Hauptorganisator Lutz Bachmann laufen bekannte Rechtsextreme auf,
[…] Weltuntergangsstimmung
auch in Thüringen. Die Tatsache, dass mit Bodo Ramelow ein Politiker der
Linkspartei, wenn auch ein ziemlich pragmatischer Wessi, zum thüringischen
Ministerpräsidenten gewählt wurde, ließ Hunderte Menschen mit Fackeln durch die
Straßen Erfurts ziehen.
Und jetzt […] kommt die Dresdner Justiz ins Spiel. Sie will
Ramelow den Prozess machen, wegen „Sprengung einer Versammlung“. Die
sächsischen Verhältnisse sind wieder da.
Das Amtsgericht
Dresden, so wurde nun bekannt, hat am 3. Dezember, also ausgerechnet kurz vor
Ramelows Wahl, um die Aufhebung seiner Immunität gebeten. Es geht um einen
Fall, der eigentlich schon abgehakt war. Er begann am 13. Februar 2010 in
Dresden. Damals marschierten Neonazis der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“
in der sächsischen Landeshauptstadt auf.
Rund 12.000 Gegendemonstranten stellten sich ihnen entgegen, auch
Ramelow, damals noch Linken-Fraktionsvorsitzender. Er soll, so die
Staatsanwaltschaft, die friedliche Blockade der Neonazi-Demo mitorganisiert
haben. Schon einmal war deshalb seine Immunität aufgehoben worden. Auch andere
Linken-Politiker wurden angeklagt.
[…] Die
sächsische Einschüchterung hat Methode. Mehrere Antifaschisten wurden schon vor
Gericht gezerrt, weil sie angeblich Nazi-Kundgebungen blockierten oder zu
Gewalt aufriefen. Der prominenteste Angeklagte: der evangelische Jugendpfarrer
Lothar König aus Jena. […] Die Anklageschrift gegen König war auf Lügen
aufgebaut. Als seine Verteidiger vor Gericht Videos präsentierten, die die
Aussagen von Polizisten ins Absurde verkehrten, platzte der Prozess im Juli
2013 – zunächst. Aber die sächsische Justiz gab nicht auf. Das Amtsgericht
Dresden setzte die Hauptverhandlung neu an – um dann doch das Verfahren in
diesem November gegen eine Geldauflage einzustellen.[…]
Rechtspflege ist ein
schönes Wort für das, was die Justiz tun soll. Sehr unschön ist, was die Justiz
in Dresden daraus macht. Sie nutzt die Paragrafen des Strafrechts, um den einst
von der Bundesregierung geforderten „Aufstand der Anständigen“ einzuschüchtern.
Die Sicherheitsbehörden sekkieren couragierte Leute, die sich Aufmärschen der
Neonazis in den Weg stellen.
[…] Das ist nicht nur Posse, das ist Bosheit. Die
Justiz setzt sich dem Verdacht aus, politische Spielchen zu treiben. Solche
Spielchen lassen sich unter dem Begriff Rechtspflege nicht subsumieren.
Den Pfarrer Lothar
König, der auch gegen die Neonazis demonstrierte, hat die Dresdner Justiz lange
wegen Landfriedensbruchs verfolgt, bis endlich das Verfahren eingestellt wurde.
Man fragt sich, wer da eigentlich den Landfrieden stört.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen