Sonntag, 4. Juni 2017

Trump kritisieren

Hurra, ich habe mich mal wieder zum Außenseiter gemacht.
Die ganze Welt steht zusammen auf der Seite Donald und Melania Trumps – Kathy Griffin ist zu weit gegangen.

[….] Dieses Foto war dann doch zu viel. Eine rothaarige Frau hält einen blutverschmierten Kopf in der Hand. Sie hält ihn fest an seinem wattig-dünnen, gelbblonden Haar. Es ist der Kopf von Donald Trump. [….]  Griffin schrieb auf Twitter: "Es kam Blut aus seinen Augen, aus seinem ... was auch immer" - eine Variation der Menstruationsanspielung, die Trump im Wahlkampf über die Fox-Moderatorin Megyn Kelly gemacht hatte, nachdem diese ihn in einer Debatte hart angegangen war. […..] Sie brachte alle Amerikaner zusammen, egal ob Demokrat oder Republikanerin. Allerdings auf Trumps Seite. Die Reaktionen in den sozialen Medien waren einhellig: Das Foto sei ekelhaft, brutal, es gehe zu weit. [….]

Obwohl ich sonst etwas zimperlich bei Gewaltdarstellungen bin, finde ich Griffins Kunstaktion gerechtfertigt, weil sie ausdrucksstark ist und das von Trump völlig vergiftete Klima aufgreift.

Wozu führt denn die Vorsichtigkeit der Demokraten; die stets korrekte Ausdrucksweise? Sie ist mir zwar auch sympathischer als Trumps widerliches Beschimpfen seiner Gegner, aber die Demokraten verlieren und die Bullys gewinnen.


Das verbale Dilemma der öffentlichen Trump-Kritiker kenne ich aber auch.
Am 09.11.2016 hatte ich einen Termin beim Notar und dieser zutiefst seriöse distinguierte Herr im Dreiteiler sagte auf einmal im Vorgeplänkel er könne nicht fassen, daß das „orange Monster“ gewonnen habe.

So rast die Zeit. Was ich vor einem halben Jahr noch als recht derbe Ausdrucksweise empfand, ist heute viel zu mild.
Ich ringe täglich nach Worten für den Unmenschen im Oval Office. Vermutlich ist das Böseste, das man sagen kann das simple „Trump“, ohne ein „Mr.“ oder seine Amtsbezeichnung. Der Name selbst ist zum ultimativen Schimpfwort mutiert.

[….] Die Grenzen von Satire und Kritik haben sich verschoben unter Trump. Und das liegt nicht nur an bösartigen Satirikern, die nicht an die Gefühle kleiner Kinder denken, sondern auch daran, dass Trump selbst vor so wenig zurückschreckt. Daran, dass dieser Präsident so schamlos ist wie keiner vor ihm. Und dass trotzdem alle Kritik an ihm abzuperlen scheint wie an einer nagelneuen Teflonpfanne.
Schon im Wahlkampf hatte sich Trump krasse Fehltritte geleistet, und auch diese verhinderten nicht, dass er Präsident wurde. Trump hat auf seinen Wahlkampfveranstaltungen offen zu Gewalt gegen Protestierende aufgerufen. "Beat the crap out of them", rief er Tausenden seiner Anhänger zu, oder: "In der guten alten Zeit wären sie auf einer Trage rausgebracht worden." Er hat sich vor Kameras über einen behinderten Reporter lustig gemacht und über die Eltern eines gefallenen muslimischen US-Soldaten. Er hat gesagt, dass seine Freunde vom Waffenverband doch sicher etwas gegen Hillary Clinton tun könnten. Wie sehr muss man so einen Mann schonen?
[….] Kathy Griffins Aktion zeigt, wie hilflos sich Künstler, Comedians, Satiriker inzwischen gegenüber der Ungehobeltheit von Donald Trump fühlen. Sie wissen sich schon jetzt manchmal nicht anders als mit Ausfälligkeiten zu helfen. Trevor Noah hat ihn "Arschloch" genannt und hört nicht auf, Witze über seine angeblich kleinen Hände zu machen. [….]


Die ultimative Strafe für einen Gefallsüchtigen wie Trump ist es, wenn er uns nicht gefällt. Wenn wir nicht beeindruckt sind, ihn nicht ehren.
Wir brauchen keine Schimpfworte, um unsere Abscheu auszudrücken.
Es reicht aus kontinuierlich sein Scheitern als Präsident zu beschreiben.
Lasst ihn uns nicht als „den US-Präsidenten“ sehen, sondern lediglich als „Trump“ mit dem durch unaufhörliches Wiederholen der Begriff „erfolglos“ verbunden ist.
Lasst ihn zu dem „man without success“ werden.
Nur schade, daß der ungesund lebende Mann schon 70 ist.
Ich wünsche ihm noch 50 Lebensjahre als Ex-Präsident, in denen er darüber nachdenken kann wie er der unsuccessful Trump wurde, who made America small.



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