Dienstag, 20. Juni 2017

We are covering bad reality television.

Demokratie, Transparenz und Pressefreiheit sind keine Worte, die eine positive Bedeutung für die gegenwärtige US-Regierung hätten.
Das sind drei ganz schlechte Dinge, die man möglichst effektiv bekämpfen muß.

[…..] President Trump, in an extraordinary rebuke of the nation’s press organizations, wrote on Twitter on Friday that the nation’s news media “is the enemy of the American people.”
Even by the standards of a president who routinely castigates journalists — and who on Thursday devoted much of a 77-minute news conference to criticizing his press coverage — Mr. Trump’s tweet was a striking escalation in his attacks. [….]

Man soll nicht immer nur auf Trump und sein Kabinett schimpfen.
Der Mann hat gute Gründe die Presse als Feind anzusehen.
In unverschämter Weise beharren diese Schreiberlinge fortwährend auf Fakten. Total altmodisch, wie die immer noch der Realität verhaftet sind und nicht einfach mal akzeptieren können, daß dieser Präsident nun einmal grundsätzlich lügt.
Kann man das nicht endlich mal als „alternative facts“ anerkennen?
GOP-Berater Jeffrey Lord hatte schon im Wahlkampf beklagt, daß Factchecking zutiefst unfair sei, weil das einseitig Trump benachteilige.
Inzwischen ist der Mann fünf Monate im Amt und diese undankbaren Presseheinis lassen ihn nicht nur immer noch nicht in Ruhe vor sich hin lügen, sondern sie stellen auch noch Fragen! Hat man sowas schon jemals gehört?
Und das auch noch auf Pressekonferenzen! Da molestieren sie den armen Pressesprecher Sean Spicer, der schon in einem Busch in Deckung gehen mußte.
Ich finde es nicht in Ordnung Pressesprechern einfach Fragen zu stellen.
Deswegen zog Spicer nun auch mal die Reißleine.
Er sagt gar nichts mehr. Und die liberal TV-bastards dürfen nicht mehr aufzeichnen! Keine Filmaufnahmen, keine Audio-tapes.
Recht so! Wo kämen wir denn hin, wenn US-Regierung erklärte was sie täte. Und das womöglich auch noch ehrlich, oder was? Geht es noch?


Trumps Anwälte halten sich wenigstens streng an die Maxime Fakten zu meiden wie der Teufel das Weihwasser.
Da soll Anderson Cooper mal nicht so ein blödes Gesicht machen. Der ist ja so vorgestern, wenn er im Juni 2017 immer noch peinlich an der Wahrheit klammert.


Allerdings muß man schon differenzieren.
Es gibt nicht nur schwarze Schafe bei den Medien.
Einige machen anständige Arbeit, indem sie stets einen großen Bogen um die garstige Realität beschreiben und im übrigen Trump rühmen und lobpreisen, wie es sich gehört:

Breitbart News, Gateway Pundit, LifeZette, Newsmax und Infowars.
Solche Typen besiedeln inzwischen das White House Presse-Corps und werden dort bevorzugt behandelt.

Ein guter Mann ist zum Beispiel Alex Jones, der sich schon seit 20 Jahren ganz und gar dem Hass und den Verschwörungstheorien verschrieben hat. Er zeigt es den linken Zecken. Für ihn ist es endlich so weit. Mit Trumps Einzug ins Weiße Haus wurden die Tore zur Hölle geöffnet, die Dämonenherrschaft ausgerufen. Nun ist auch Herr Jones Mainstream. Alex Jones weiß wie man sich gewählt ausdrückt und erklärt Demokraten mal die neue Welt.



Veit Medick, SPIEGEL-Korrespondent in Washington besuchte Anfang des Jahres die Infowars-Studios in Austin, Texas, und lernte Alex Jones als seriösen, kontrollierten Mann kennen.

[…..] Alex Jo­nes […..]  glaubt, dass die Re­gie­rung über Wet­ter­waf­fen ver­fügt, mit de­nen sie künst­li­che Tor­na­dos er­zeu­gen kann. Er ist über­zeugt, dass die Schwu­lenehe die Ver­schwö­rung ei­nes glo­ba­len Ge­heim­bun­des ist, „um den Zu­sam­men­bruch der Fa­mi­lie zu be­wir­ken“ und „Gott ab­zu­schaf­fen“. Er ist sich zu „95 Pro­zent si­cher“, dass das World Tra­de Cen­ter am 11. Sep­tem­ber 2001 nicht durch ei­nen An­schlag zer­stört, son­dern von der Re­gie­rung ge­sprengt wur­de. Das Mas­sa­ker an der San­dy-Hook-Grund­schu­le im Jahr 2012, bei dem 20 Kin­der star­ben, sei eine „Ente“ von Waf­fen­geg­nern. Es gibt kaum ein The­ma, zu dem Jo­nes nicht eine ei­ge­ne, von kei­ner­lei Fak­ten ge­stütz­te Wahr­heit an­zu­bie­ten hät­te. [….] Seit­dem Trump den eta­blier­ten Me­di­en den Krieg er­klärt hat, fühlt sich Jo­nes als jour­na­lis­ti­sche Avant­gar­de. In Wa­shing­ton fürch­ten man­che, dass sich sei­ne dunk­le Ge­dan­ken­welt im Re­gie­rungs­all­tag nie­der­schla­gen wird. Als Trump kürz­lich über Mil­lio­nen il­le­ga­le Wäh­ler­stim­men fan­ta­sier­te und der Pres­se vor­warf, nicht aus­rei­chend über Ter­ror­an­schlä­ge zu be­rich­ten, hör­ten vie­le schon Alex Jo­nes spre­chen. [….]Es ist Nach­mit­tag, Jo­nes läuft durch das Stu­dio. Der Ad­re­na­lin­pe­gel ist hoch, der Blut­zu­cker nied­rig. Er muss jetzt mal was es­sen. Auf den Tisch im Kon­fe­renz­raum ha­ben sei­ne Leu­te Grill­plat­ten ge­stellt. Hühn­chen, Rind, Würs­te. „Gu­tes Bar­be­cue“, sagt Jo­nes. „Schon pro­biert?“

Er häuft sich das Es­sen auf ei­nen Plas­tik­tel­ler, dann zieht er plötz­lich sein Hemd aus, er er­klärt nicht, war­um. Mit nack­tem Ober­kör­per sitzt er da und schau­felt Fleisch in sich hin­ein. Eine Ka­ri­ka­tur von Männ­lich­keit, aber auch eine Macht­de­mons­tra­ti­on ge­gen­über dem Re­por­ter, den er vor sich hat. Er kann tun, was er will.
Dann steht Jo­nes auf und hält sich eine Wurst an den Schritt. „Willst du lut­schen?“, fragt er.
(DER SPIEGEL, Veit Medick, 25.02.2017, s.90ff)

Erfreulicherweise läßt sich Trump nun im Weißen Haus von Alex Jones beraten.


Eins allerdings ist völlig unverständlich.
Wieso gibt es immer noch Amerikaner, die sich nicht ausschließlich nach diesen neuen Medienvorbildern wie Jones richten?

Es ist sogar noch schlimmer. Das undankbare Pack wendet sich ab von Breitbart, Infowars und Co.
Sad, so sad. Total losers.

[…..] Websites und Sender wie Breitbart und Fox haben in den USA zunächst von Donald Trump profitiert. Inzwischen hat sich ihre Reichweite zum Teil halbiert. […..] "Wir haben eine riesige und tief mit uns verwurzelte Leserschaft versammelt", sagte Breitbart-Chef Larry Solov nach der Wahl im November: "Die wird uns auch dann treu bleiben, wenn bei anderen das Interesse nachlassen wird." […..] Tatsächlich sieht die Lage derzeit etwas anders aus. Die lange von Trump-Berater Stephen Bannon geführte Seite Breitbart hat dem Institut Comscore zufolge zuletzt massiv an Nutzern verloren, die Zahl fiel von knapp 23 Millionen (November 2016) im April auf 10,7 Millionen. Und der Sender Fox News wird in der wöchentlichen Einschaltquoten-Rangliste des Marktforschungsinstituts Nielsen aktuell hinter den Konkurrenten MSNBC und CNN geführt. Zum ersten Mal seit 17 Jahren.
[…..] Es gibt verschiedene Ansätze, diese Entwicklung zu erklären. Zum einen sind die Rebellen nun Teil des Systems. Sie können nicht mehr wütend gegen den ihrer Meinung nach inkompetenten Präsidenten Barack Obama hetzen, sie müssen den ihrer Meinung nach großartigen Präsidenten Donald Trump verteidigen.
Das tun sie freilich unermüdlich: Als Trump etwa in Brüssel den montenegrinischen Premierminister Duško Marković zur Seite schob, da war auf Breitbart zu lesen: "Die liberalen Beobachter waren mal wieder fassungslos, die Konservativen dagegen applaudierten Trumps America-first-Geste." […..]

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