Freitag, 27. April 2018

Lachen aus Notwehr.

Gestern Nacht war wieder so ein CNN-day, bei dem die internationalen Zuschauer, die nicht perfekt englisch sprechen ein neues Wort lernen konnten:
UNhinged, bzw Trumps „unhinged interview.“
Die beste wörtliche Übersetzung wäre wohl “verstörend”.
Aber der deutsche Begriff ist meines Erachtens etwas zu neutral; bei unhinged schwingt noch ein bißchen mehr psycho und Wahnsinn mit.

Immer mal wieder kreisen alle Diskussionen um einen Begriff.

(….) Das häufigste Wort der letzten 24 Stunden auf CNN war „salacious“, bzw „salacious indictment“.
Zwei Tage zu vor erlebte die Vokabel „raid“ einen Höhenflug. (….)

Trump unhinged at „Fox And Friends“ ist inzwischen viral geworden.
Der US-Präsident hatte sich, wie er es seit Jahrzehnten als “goofy reality TV personality” (Stormy Daniels) gewöhnt ist, live in eine Boulevardsendung schalten lassen („Call in“).
Früher tat er das gern unter verschiedenen Pseudonymen, gab sich als sein Mitarbeiter oder Anwalt aus, um dann sich selbst über den grünen Klee zu loben.
Als seniler 71-Jähriger Vollzeit-Wahnsinniger tut er das nun ungeniert unter seinem richtigen Namen mit korrekter Berufsbezeichnung.

In einem gewohnt bizarren Lügen-Rant pöbelte er wie von Sinnen die drei Statisten im Studio voll.
So weit, so wenig überraschend.
Zu erwarten auch, daß er sich nicht etwa bei einer seriösen Nachrichtensendung oder gar kompetenten Journalisten meldete, sondern wie üblich bei den devoten Speichelleckern von FOX anrief.
Dort sitzen Menschen, die ultrakonservativ gleichgeschaltet ebenfalls den lieben langen Tag lang Lügen verbreiten, auf Minderheiten einprügeln und darüber hinaus ihrem Idol Trump den Hintern küssen.
Der New York Times Kolumnist Frank Bruni erklärte hierzu, those people on FOX are not interviewers, they are ego-masseuses.


Das Neue am gestrigen Auftritt war aber, daß selbst diese servilen GOP-Epigonen verstört von dem US-Präsidenten waren. Statt ihn zu entlarven und das Quoten-Highlight auszukosten, begannen sie den armen Irren vor sich selbst zu schützen, indem sie versuchten ihn irgendwie zu stoppen und aus der Leitung zu drängen. Nicht gerade einfach, wenn das Trumpeltier auf Testosteron sich erst mal in Rage geschrien hat.
„But it looks like you have a million other things to do“ flehte Moderator Brian Kilmeade den Präsident mit zum Gebet gefalteten Händen an.
Unüberhörbarer Subtext: „Nun halt‘ endlich die Klappe, bevor jeder auf der Welt mitbekommt wie komplett du durchgeknallt bist!“

Vermutlich sind selbst die FOX-Stichwortgeber nicht ganz so verblödet wie Trump und bemerkten deutlich, wie sich ihr Idol nicht nur um Kopf und Kragen redete, sondern sich auch juristische Schwierigkeiten einhandelte.

[….] Innerhalb weniger Sekunden redete er sich in der Sendung "Fox & Friends" in Rage und manövrierte sich und seinen persönlichen Anwalt, Michael Cohen, in noch größere juristische Probleme.
[….] Cohens sowie Trumps Anwälte versuchen seither den Zugriff der Ermittler auf das beschlagnahmte Material mit dem Hinweis auf das Anwaltsgeheimnis zu begrenzen. Die Staatsanwaltschaft hält dem entgegen, dass Cohen kaum als Anwalt tätig gewesen sei.
[….] Ungewollt hat Trump nun der Staatsanwaltschaft noch mehr Argumente geliefert, die das untermauern. Cohen würde nur einen "kleinen, kleinen Teil" seiner rechtlichen Angelegenheiten regeln, so Trump in seinem morgendlichen Wutanfall im US-Live-TV. Wie wichtig solche flapsigen Bemerkungen in der rechtlichen Auseinandersetzung sind, zeigte sich nur wenige Stunden später.
Die Staatsanwälte nutzten Trumps Aussagen noch am selben Tag in einem Brief an die zuständige Bundesrichterin aus: "Präsident Trump sagte im US-Kabelfernsehen diesen Morgen, dass Cohen nur einen 'kleinen, kleinen Teil' all seiner rechtlichen Angelegenheiten regelt", schrieben die Staatsanwälte. Damit nicht genug. Auch der Fox-News-Moderator Sean Hannity, einer von nur drei genannten Klienten Cohens, sagte die Woche zuvor schon im Fernsehen, dass Cohen kaum für ihn tätig gewesen sei. Auch diese öffentliche Stellungnahme nutzte die Staatsanwaltschaft, um ihr Argument zu untermauern, Cohen sei kaum als Anwalt tätig gewesen: "Diese beiden Stellungnahmen zweier von Cohens drei Klienten deuten an, dass es unwahrscheinlich ist, dass sich im beschlagnahmten Material große Mengen an Dokumenten befinden, die durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind."  [….]

Es erinnerte an den Rauswurf des damaligen FBI-Chefs Michael Comey, bei dem das Weiße Haus und Trump zunächst viel Mühe investierten, um jeden Verdacht von sich zu weisen, das habe irgendwas mit den Russland-Ermittlungen zu tun. Nein, es ginge um Hillary Clintons Emails.
Einen Tag später verplappert sich der orange Clown selbst und platzt beim Interview mit Lester Holt heraus, daß alle vorherigen Erklärungen gelogen waren. Er hätte ihn doch wegen Russland gefeuert.

Bei FOX & FRIENDS bestätigte nun Trump das, was seine gegnerischen Anwälte erst verzweifelt zu beweisen versuchten: Trump ist der geheimnisvolle Mandant aus der Porno-Schweigeverpflichtung.
Selbstredend hatte Gaga-Donald das vorher abgestritten, aber das ist nun mal sein Wesen: Er lügt erstens immer und zweitens auch noch so schlecht, daß er sich kontinuierlich selbst widerspricht.

Für Stephanie Cliffords Anwalt Michael Avenatti war Trumps Auftritt daher wie Geburtstag und Weihnachten an einem Tag.


Das alles ist wieder einmal entlarvend für den sogenannten Journalismus im rechten Amerika und sicherlich auch amüsant für Juristen.

Aber wie gehen Menschen, die nicht insane sind, mit so einem Präsidenten um?
Was können richtige Journalisten noch dazu sagen?

Der arme Don Lemon konnte gestern Abend nicht mehr an sich halten und fing einfach lauthals an über diese Witzfigur zu lachen.
Die Komik ist auch offensichtlich: Ein größenwahnsinniger Rassist greift aus eigenem Antrieb zum Telefon, um sich weltweit öffentlich zu blamieren.

Unglücklicherweise ist Trump immer noch der zweit- oder drittmächtigste Mann der Erde und kontrolliert nahezu allein das größte Atomwaffenarsenal.
Es ist also alles andere als witzig, wenn er der Welt coram publico vorführt wie niederträchtig und psychopathisch gestört er ist.
Trump zuzuhören muss einen normalen Menschen depressiv machen.
Dann auch noch zu erleben, wie Millionen Amerikaner, schwerreiche Industrielle und ganze Medienimperien alles dafür tun, um diesen zutiefst boshaften, in jeder Hinsicht schädlichen Kurs zu unterstützen, setzt der Misanthropie die Krone auf.
Es wundert mich kein bißchen von den ersten durch Trump verursachten Selbstmorden zu lesen.

[…..] Seitdem feststeht, dass Donald Trump der 45. US-Präsident wird, bricht über die amerikanischen Seelsorge-Notrufdienste für suizidgefährdete Menschen eine nie da gewesene Flut an Anrufen ein. [….]

[….] Ein offenbar mehrmals aus den USA ausgewiesener Mexikaner hat am Dienstag in Sichtweite der US-Grenze Suizid begangen. [….] Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die neue rigorose Abschiebepolitik der US-Regierung. Diese hatte erst am Dienstag Regelungen zu Abschiebungen verschärft. So will die Regierung von US-Präsident Donald Trump unter anderem mit großflächigen Razzien gegen illegale Einwanderer vorgehen. [….]

[….] Suizid von bekanntem US-Anwalt "Die Trump-Regierung hielt er nicht aus.
David S. Buckel engagierte sich für sexuelle Minderheiten und den Naturschutz - am Wochenende nahm er sich das Leben. Angehörige bringen seinen Suizid nun mit der Umweltpolitik der Trump-Regierung in Verbindung. [….]

Wer könnte es diesen Menschen verdenken?
Trump ernst zu nehmen ist eine extrem destruktive und seelenzerstörende Angelegenheit.
Man muss dem US-Präsidenten fast für seine extremen Störungen dankbar sein, da er in schöner Regelmäßigkeit immer wieder so peinliche Dinge von sich gibt, daß man aus Verzweiflung nur noch laut lachen kann.
Jüngstes Beispiel ist der bizarre, öffentlich inszenierte homoerotische wechselseitige Anilingus mit dem schwarzen Rapper Kanye West, der sich so ungeniert an Trump ranwanzt, daß dieser Schmeichelein-Süchtige Kanye ebenfalls leckt.



April 2018

[….]  West hatte bei Twitter geschrieben, dass man nicht mit Trump einverstanden sein müsse: "Aber der Mob bringt mich nicht dazu, ihn nicht zu lieben. Wir sind beide Drachenenergie. Er ist mein Bruder. Ich liebe jeden. Ich stimme nicht allem zu, was jemand macht. Das ist es, was uns zu Individuen macht. Und wir haben das Recht auf unabhängige Gedanken."
Wenig später postete West ein Foto von Trumps berühmter Baseball-Mütze mit dem Wahlslogan "Make America Great Again", offenbar signiert vom Präsidenten selbst. [….]

Einer der berühmtesten schwarzen Musiker überhaupt verschreibt sich dem prominentesten weißen Rassisten.
Wenn es nicht so traurig wäre, …

Immerhin, bei den Comedians herrscht Vollbeschäftigung.


[….] Kellyanne Conway says President Donald Trump wants to make regular appearances on “Fox & Friends” — where he potentially created a mountain of legal problems for himself this week with a rambling interview.
[….] The interview has dominated coverage since it aired Thursday morning, but Fox News barely mentioned the president’s appearance — which the co-hosts cut short despite Trump’s willingness to continue to generate newsworthy statements.
“By the way, I know our producers were working for a very long time to set that up,” said co-host Steve Doocy. “Thank you very much for making that all happen, it was great.”
Many viewers noted that the “Fox & Friends” hosts seemed to grow increasingly alarmed as the president ranted against the media and his political enemies, and contradict arguments made by attorneys in civil and criminal cases involving his associates.
“The president wanted to do that,” Conway said. “The president had a great time bringing his case to the American people, as he does on social media and these bilateral Q&As and certainly on the South Lawn and press pool sprays and other interviews, and the president said he would like to perhaps come once a month as news breaks.”
Doocy yelped and started applauding, although the best grim-faced co-host Brian Kilmeade could muster was, “that would be great.”
[….] Conway praised her boss for clearly articulating his views on important issues, although the president spent much of his time singling out his critics on television and then insisting he was too busy to watch.
“You see that consistency, that unbroken thread between some of those interviews and much of the policies today,” she said. “I had to credit him yesterday, I said, ‘You didn’t even put a semicolon in there — you covered so much territory,’ that he leaves the rest of us cold in terms of our analytical and conversational skills. The president was able to cover so much ground with you yesterday and appreciated the platform because it connects him with the American people, not just on Fox News, but at that really was the buzz around the globe yesterday in large part, because everybody had to replay your clips. That must have been delicious.” [….]
(RAWSTORY, 27.04.2018) (Danke an Jake!)


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